Stuttgart schließt sich der "Städteinitiative Tempo 30" an. Der Gemeinderat beschloss am Donnerstagabend mit einer Mehrheit von 32 zu 21 Stimmen den Beitritt und setzte sich damit über den Widerstand von Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) hinweg.
Stuttgart wird Modellkommune
Damit gehört die Landeshauptstadt nun zu einer Reihe deutscher Kommunen, in denen großflächig Tempo 30 getestet wird. Wie ein Stadtsprecher sagte, wurde zudem beschlossen, dass sich Stuttgart als Modellkommune zur Verfügung stellt, sollte das Bundesverkehrsministerium ein solches Programm anbieten.
Anders als Nopper, der sich gegen eine "Anti-Auto-Symbolpolitik" aussprach, hatten Grüne, SPD, Linksbündnis und Fraktion Puls auch aus Klimaschutzgründen für die Initiative plädiert. Der CDU-Politiker warnte am Abend nochmals: "Meines Erachtens wäre der Beitritt zur 'Städteinitiative Tempo 30' der Einstieg zum flächendeckenden Tempo 30."
Nopper argumentierte: "Es gibt keine Erkenntnisse und keine sachlichen Gründe, die für ein flächendeckendes Tempo 30 sprechen." Der Stuttgarter OB hatte stattdessen ein "Stadtgeschwindigkeitskonzept" für einzelne speziell ausgesuchte Straßen vorgeschlagen. Der Gemeinderat stimmte nun einem Antrag zu, dass bis Ostern im Ausschuss für Stadtentwicklung über die Eckpunkte eines solchen Konzepts berichtet und abgestimmt werden soll. Dieses Konzept sehe eine "saubere, sachliche und faktenorientierte Prüfung der Geschwindigkeitsbeschränkungen" vor, hieß es.
Freiburg und Ulm Teil des Politprojekts
Etwa 70 deutsche Großstädte, darunter Freiburg im Breisgau, Ulm, Aachen, Augsburg, Hannover, Leipzig und Münster, verlangen eine Änderung der Straßenverkehrsordnung, um in einem Pilotprojekt großflächig Tempo 30 zu testen. Nur auf den wenigen Hauptverkehrsstraßen soll dann noch die übliche Geschwindigkeit von 50 Stundenkilometer zulässig sein.
Die Initiative wird vom Deutschen Städtetag in Berlin unterstützt. Mannheim beteiligt sich ebenfalls an der bundesweiten Initiative. Die an dem Vorstoß für das Pilotprojekt teilnehmenden Kommunen betonten, dass sie ohne eine neue gesetzliche Vorgabe nicht entscheiden könnten, die Geschwindigkeitsvorgaben flexibel und ortsbezogen zu ändern.
Es handele sich nicht um eine Initiative gegen Autofahrer. Es sei vielmehr ein Projekt für die Bewohner der Kommunen.
Oberbürgermeister Nopper überstimmt
Bereits bei einer Sitzung am Dienstag hatte Nopper klar gemacht, dass er gegen Tempo 30 in Stuttgart und auch gegen den Beitritt zu der Städteinitiative ist. Es gebe keine gesicherten Erkenntnisse zum Nutzen von Tempo 30, sagte Nopper. Entscheidend sei es, ob der Verkehr flüssig fließe. Er warf den Antragstellerinnen und Antragstellern vor: "Sie wollen einen ideologischen Feldzug gegen das Automobil führen. Für Sie ist das Auto Teufelszeug und Sie wollen das Auto aus der Autostadt Stuttgart vertreiben."
Zustimmung des Gemeinderats bedeutet nicht automatisch Tempo 30
Die Entscheidung für den Beitritt zur "Tempo 30"-Initiative bedeutet nicht, dass in Stuttgart künftig automatisch Tempo 30 im Stadtgebiet gilt. Stattdessen sendet die die Landeshauptstadt zusammen mit anderen Städten nach Berlin ein Signal. Die Städte sollen selbst entscheiden können, wo sie Tempo 30 für richtig erachten. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte sich zuletzt dafür offen gezeigt, den Kommunen mehr Handlungsspielraum zu geben, denn sie wüssten selbst am besten, was für ihre Bewohnerinnen und Bewohner gut sei.