"Wir wissen nie, was wir bekommen"

Immer weniger Ware für immer mehr Kunden im Tafelladen Leonberg

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Die Armut in Deutschland hat einen neuen Höchststand erreicht. Das spürt auch der Tafelladen in Leonberg, wo es immer weniger Ware für immer mehr Bedürftige gibt. Das sorgt für Konflikte.

Die Regale im Tafelladen Leonberg waren schon mal voller. (Foto: SWR, Sandra Kolnik)
Die Regale im Tafelladen Leonberg waren schon mal voller.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie und die stark steigenden Lebenshaltungskosten machen sich bei den Menschen, die von Armut betroffen sind, deutlich bemerkbar. Daher zieht es immer mehr Menschen zu den Tafeln, die Essen und Lebensmittel an Bedürftige abgeben. Doch auch in Leonberg (Kreis Böblingen) kommt - wie fast überall - kaum mehr genügend Ware in die Regale.

"Wir wissen nie, was wir bekommen."

Kurz nach Beginn des Ukrainekriegs habe sich die Zahl derjenigen, die an der Tafel anstehen, verdoppelt. Schon am Mittag stehen wochentags mehr als ein Dutzend Menschen in der Schlange, eine Stunde vor der Öffnung des Tafelladens um 13 Uhr. Die Organisatoren der Tafel haben zuvor versucht, mit ihrem Kleintransporter in zwei Touren Lebensmittel einzusammeln. Frühmorgens fahren sie in Leonberg Bäckereien, Lebensmittelläden, Metzgereien und Bioläden an und hoffen auf Spenden.


Auf Spendentour in und um Leonberg

Später am Vormittag geht es über die Dörfer rund um Leonberg. Auch dort fahren sie immer die gleichen Spender an. Doch was in den vergangene Wochen bei ihren Touren zusammenkommt, ist eher bescheiden und reicht oft nicht für alle, die zum Tafelladen strömen. Die Regale bleiben teilweise leer. Das spiegele die aktuelle Situation wieder, heißt es in Leonberg.

Armut auf Höchststand - Tafelregale sind kaum noch genügend gefüllt

Nach dem zweiten Pandemiejahr ist die Armut in Deutschland auf einem Höchststand von 16,6 Prozent angelangt. Schon 2021 hatten knapp 14 Millionen Menschen kein sicheres Auskommen. Allein in Baden-Württemberg galten damals 1,5 Millionen Menschen als arm. Das geht aus dem jüngsten Armutsbericht des Paritätischen hervor, der am Mittwoch vorgestellt wurde.

Armutsquote ist weiter gestiegen

Die Berechnungen des Verbandes beruhen auf Daten des Statistischen Bundesamts. Die Armutsquote gibt Auskunft darüber, wieviele Personen mit ihrem gesamten Nettoeinkommen weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung haben. In der Regel verfügen sie über keine Rücklagen, kommen durch unvorhergesehene Ausgaben in Not und können sich Extras wie Kino, Urlaub oder Hobbys nicht leisten. Dadurch werden sie und ihre Kinder vom normalen Leben abgehängt werden. Was bleibt, ist der Gang zum Tafelladen - auch in Leonberg.

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SWR