Messer (Foto: dpa Bildfunk, Thomas Eisenhut)

Nach Streitigkeiten

Zwei Verletzte durch Messerstiche in Stuttgart

Stand

Vor einer Bar und einer Diskothek sind am Wochenende in Stuttgart zwei Männer durch Messerstiche verletzt worden. Kommt jetzt eine Messerverbotszone, wie manche es fordern?

Laut Polizei eskalierte am Samstagmorgen der Streit zwischen zwei Männern im Alter von 32 und 29 Jahren vor einer Stuttgarter Bar. Der Jüngere soll seinem Kontrahenten mit einer Flasche auf den Kopf geschlagen haben. Der Ältere zog daraufhin offenbar ein Messer und verletzte den anderen durch einen Stich in den Oberkörper schwer. Die Polizei nahm den 32-Jährigen fest. Er sollte noch am Sonntag dem Haftrichter vorgeführt werden.

Stich in den Rücken

Der zweite Vorfall ereignete sich in der Nacht zum Sonntag vor einer Stuttgarter Diskothek. Ein 27-Jähriger soll dort im Streit einen 21 Jahre alten Mann ein Messer in den Rücken gestochen haben. Das Opfer konnte nach einer ambulanten Behandlung das Krankenhaus wieder verlassen. Gegen den Messerstecher wird nun wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt.

Diskussion um Messerverbotszone in Stuttgarter Innenstadt

Derweil geht die Diskussion um eine mögliche Messerverbotszone in der Stuttgarter Innenstadt weiter. In der vergangenen Woche hatte sich die Sprecherin des Stuttgarter OB Frank Nopper (CDU), Susanne Kaufmann, in den sozialen Medien für eine Messerverbotszone ausgesprochen, nachdem sie eine Messerstecherei am Olgaplatz miterlebt hatte. Ihr Chef hatte sich bereits im Frühjahr bei Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) für eine Messerverbotszone stark gemacht.

Land hat den Weg für kommunale Waffenverbotszonen freigemacht

Das baden-württembergische Kabinett billigte im September die gesetzliche Möglichkeit, dass Städte und Kreis Waffenverbotszonen ausweisen können. Stuttgarts OB Nopper hatte mit Verweis auf Erfahrungen in Köln, Düsseldorf und Hamburg die positiven Erfahrungen herausgehoben. Stuttgart will daher eine Verordnung über ein Waffenverbot innerhalb des Cityrings auf den Weg bringen, die von Freitag und Samstag ab 20 Uhr bis jeweils 6 Uhr des Folgetags gelten soll. Verboten werden soll das Mitführen von Messern mit einer Klingenlänge von über vier Zentimetern.

Blumen, Kerzen und Bilder stehen am Tatort einer Messerattacke am Wilhelm Geiger Platz in Stuttgart-Feuerbach. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Bernd Weißbrod)
Blumen, Kerzen und Bilder stehen am Tatort einer Messerattacke am Wilhelm Geiger Platz in Stuttgart-Feuerbach.

Messerverbotszone im Stuttgarter Gemeinderat umstritten

Auch der Stuttgarter Polizeipräsident Markus Eisenbraun hat sich für ein Messerverbot ausgesprochen. Kritisch wird eine mögliche Verordnung in liberalen Kreisen des Gemeinderats gesehen. Auch wenn immer wieder von einzelnen Messerattacken berichtet würde, seien die Straftaten in der Stuttgarter Innenstadt in den vergangenen Jahren deutlich gesunken, sagte Luigi Pantisana von der Gemeinderatsfraktion SÖS/Die Linke dem SWR.

Wie passt ein Messerverbot zur Kriminalitätsstatistik?

Pantisano verwies auch auf die jährlichen Statistiken, die Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) für wachsende Sicherheit im öffentlichen Raum anführt. Nach der Krawallnacht von Stuttgart vor mehr als zwei Jahren habe es keine größeren Zwischenfälle mehr gegeben. Wenn es Messerattacken gebe, kämen sie im gesamten Stadtgebiet vor, sie beschränkten sich nicht auf die Innenstadt, so Pantisano.

Stadt Stuttgart muss vor einer Entscheidung noch Zahlen liefern

Man könne nicht über eine Messerverbotszone in der Stuttgarter City diskutieren, ohne die genauen Zahlen in diesem Bereich zu kennen, heißt es aus liberalen Kreisen im Gemeinderat. Auf Antrag der FDP-Fraktion will die Stadt Stuttgart daher noch im Oktober dem Gemeinderat die Zahlen der Kriminalitätsstatistik liefern, auf dessen Grundlage der eine Entscheidung über eine Messerverbotszone in der Stuttgarter City treffen soll.

Portraitbild von Luigi Pantisano, OB-Kandidat in Konstanz (Foto: Pressestelle, Pressebild Luigi Pantisano. Bild: Christoph Musio)
Luigi Pantisano tritt bei der Oberbürgermeisterwahl in Konstanz Ende September an.

SÖS/Die Linke vermutet übermäßige Kontrollen durch die Polizei

Die Fraktion SÖS/Die Linke lehnt eine Messerverbotszone ab mit dem Hinweis, dass die Polizei aufgrund des existierenden Waffengesetzes jederzeit gefährliche Messer konfiszieren kann. Eine Messerverbotszone würde es der Polizei nur einfacher machen, "schwarze und junge Menschen mit Migrationshintergrund noch mehr und noch öfter zu kontrollieren", so Linken-Sprecher Pantisano.

"In Stuttgart und in vielen deutschen Städten lebt die Praxis des 'racial profiling'. Menschen mit Migrationsgeschichte, vor allem Jugendliche und schwarze Menschen, werden in der Stadt Stuttgart übermäßig kontrolliert."

Absage an immer mehr Verbote

Es sei immer ein Frage von Anlass und Wirkung, betont Pantisano. "Der Anlass ist nicht gegeben. Die Innenstadt Stuttgarts ist sicher. Eine Messerverbotszone entspricht nicht unseren Vorstellungen vom Zusammenleben in einer liberalen Großstadt, in der Menschen sich aufhalten können. Sie sollten nicht mit immer mehr Verboten belegt werden."

Polizei Stuttgart befürwortet die Messerverbotszone

Dass die Herkunft oder Hautfarbe bei Kontrollen eine Rolle spiele, bestreitet der stellvertretende Polizeipräsident Stuttgarts, Carsten Höfler. Statistisch sei in den vergangenen fünf Jahren nachweisbar, dass immer mehr junge Menschen zum Feiern am Wochenende ein Messer bei sich trügen. Wo früher bei Auseinandersetzungen die Fäuste flogen, kommt es laut Höfler heute zu viel gefährlicheren Verletzungen durch die verschiedensten Arten von Messern.

"Ein Messer darf nicht als Alltagsgegenstand neben dem Schlüsselbund oder dem Smartphone in der Hosentasche landen. Messer müssen doch in unserer heutigen Gesellschaft keine Rolle spielen - dürfen keine Rolle spielen."

Die Polizei in Stuttgart befürwortet eine Messerverbotszone, wie es die Vorlage der Stadt vorsieht. Polizeichef Höfler würde sich über eine Verordnung noch in diesem Jahr freuen: "Je eher, desto besser."

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