Vier Tage sind seit dem Messerangriff auf die Katharinenschule in Esslingen vergangen. Das verletzte siebenjährige Mädchen liegt noch im Krankenhaus. Der mutmaßliche Täter wurde gefasst und ist möglicherweise psychisch krank. Die Ermittlungsgruppe der Polizei nimmt derzeit das Umfeld des 24-Jährigen unter die Lupe. Die Stadt beschäftigt sich unterdessen mit der Aufarbeitung der Gewalttat. Yalcin Bayraktar ist Ordnungsbürgermeister in Esslingen.
SWR Moderatorin Martina Klein: Wie haben Sie den Freitag erlebt?
Yalcin Bayraktar: Ich persönlich war im Gespräch mit einem Amt, als am Freitag kurz nach 8 Uhr das Telefon klingelte und die Kollegin aus dem Amt für Bildung am Apparat war und mich informiert hat darüber, was vorgefallen war. Wir haben ab dem Zeitpunkt als Verwaltung sehr viel Kommunikation betrieben, für die Bürgerschaft und auch in Bezug auf die Betroffenen. Ich habe als zuständiger Bürgermeister mit den betroffenen Familien telefoniert am Freitagvormittag und mich erkundigt, wie es ihnen und den Kindern geht. Und als am Abend der Tatverdächtige gefasst war oder sich ergeben hat, fiel uns natürlich ein Stein vom Herzen. Das war eine große Entlastung. Also, es war ein sehr, sehr intensiver Tag mit sehr gemischten Gefühlen, Emotionen, einer sehr heftigen Anspannung, die ich bisher in meinem beruflichen Leben so noch nicht erlebt hatte.
Kann sich eine Stadt, eine Gemeinschaft denn überhaupt hundertprozentig gegen einen solchen Vorfall schützen?
Natürlich nicht. Man kann sich nicht hundertprozentig schützen. Es war ein ziemlich heißes Wochenende und eine heiße Woche, wenn wir nach Berlin gucken und nach Hamm schauen. Die konkrete Situation in Berlin hat ja gezeigt, dass fast an gleicher Stelle genau die ähnliche oder gleiche Tat wiederholt werden kann. Also man kann natürlich teure, intensive, sinnvolle Schutzkonzepte überlegen und umsetzen. Wir sollten uns jetzt der Debatte stellen und überlegen, bevor es pauschale Verbote gibt.
Sie sind also gegen Aktionismus. Aber gibt es denn konkrete Schritte, die Sie sich trotzdem für die Stadt Esslingen vorstellen können?
Wir haben beispielsweise eine Sozialraumanalyse im Bahnhofsquartier in Esslingen angestoßen, weil wir vor den ähnlichen Herausforderungen stehen wie gleich große Städte und sind jetzt dabei, von der Uni Tübingen Handlungsempfehlungen erarbeiten zu lassen. Wir werden uns solche Maßnahmen natürlich genau anschauen. Aber es gibt sicherlich Maßnahmen, die eine objektive Sicherheit gewährleisten und fördern. Aber es gibt auch viele Maßnahmen, die gezielt das Sicherheitsempfinden der Menschen ansprechen. Und ich glaube, wenn man Panik macht und laut nach Maßnahmen schreit, die noch nicht mal geprüft sind, dann kommt das Gegenteil davon raus. Aber ich glaube, das Erste, was wir machen wollen oder auch schon tun, ist, viele Gespräche mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu führen und mit den Eltern, um das Sicherheitsgefühl wiederherzustellen. Das ist jetzt das Erste, was wir machen müssen, um auch weiterhin einen "normalen Alltag" wieder leben zu können. Das ist, glaube ich, wichtig.
Ab Freitag soll es Gespräche an der Esslinger Katharinenschule geben - mit Schulsozialarbeitern und der schulpsychologischen Beratungsstelle. Der Schulbeginn am Montag soll von Mitarbeitern der Beratungsstelle begleitet werden und am Montagnachmittag werden Mitarbeiter des Amts für Bildung und Erziehung für Gespräche in der Elternbeiratssitzung zur Verfügung stehen.