Im Fall des geschlossenen Schlachthofs in Backnang weist das Veterinäramt des Rems-Murr-Kreises neue Vorwürfe von Tierschützern zurück. Der Verein "SOKO Tierschutz" mit Sitz in München kritisiert, ein Tierarzt der Behörde habe sich an Tierquälerei beteiligt. "Vor den Augen des amtlichen Veterinärs und Überwachungskameras kommt es zu brutalen Übergriffen auf die Tiere", schreiben die Aktivisten in einer Mitteilung vom Dienstag und berufen sich auf Aufnahmen, die diesen Vorwurf angeblich belegen.
Die Tierschützerinnen und -schützer berufen sich dabei auf "Aufnahmen des Schlachthofes Backnang aus den letzten Monaten". Damit meinen sie den Betrieb der Firma Kühnle, den diese nach Recherchen des ARD-Magazins Report Mainz vorerst geschlossen hatte. Auch Report Mainz bezieht sich auf diese Aufnahmen.
Landratsamt: Kein Strom, daher keine Qual
Die Aufsichtsbehörde im Rems-Murr-Kreis weist den Vorwurf zurück, ihr Veterinär habe sich an Tierquälerei beteiligt und ein Rind mit Stromschlägen gequält. "In einer Sequenz sieht man eine Amtsperson, die mehrfach mit einem Treiber antreibt", räumt Veterinäramts-Leiter Thomas Pfisterer ein. "Also ja, es ist zutreffend, dass Amtspersonen anwesend sind, beim sogenannten Zutrieb."
Das sehe man auch auf den Aufnahmen daran, wie die Tiere reagiert hätten. Denn im Fall eines Stromstoßes hätte man eine Schmerzreaktion des Tieres gesehen, so Pfisterers Argumentation. Das Antreiben der Tiere zur sogenannten "Rinderfalle" sei jedoch an sich gerechtfertigt - "weil die baulichen Mängel eben da sind", sagt er über den Backnanger Schlachthof. Diese baulichen Mängel hätte seine Behörde auch beim Betrieb angemahnt.
Magazin hat Aufnahmen von Tierschützern Schlachthof Kühnle in Backnang: Amt wusste von Vorwürfen
Das Landratsamt des Rems-Murr-Kreises kannte Mängel im Schlachthof, den der Betreiber nach Report Mainz-Recherchen schloss. Für eine behördliche Schließung habe es nicht gereicht.
Thema erreicht die Landespolitik
Die Aktivistinnen und Aktivisten des Vereins SOKO Tierschutz zielen mit ihrer Kritik auch auf die Landesregierung. "Die Mitarbeiter haben keine Ahnung, die Tiere erwachen im Todeskampf, der Veterinär bleibt untätig oder macht sogar mit. Das zeigt, dass die Regierung absolut gescheitert ist", so der Sprecher des Vereins. Die Landtags-Opposition hat das Thema inzwischen aufgegriffen: SPD-Fraktionschef Andreas Stoch wirft der Regierung Untätigkeit vor.