Firma Kühnle in Backnang von außen (Foto: SWR, Report Mainz)

Nach Recherchen von "Report Mainz"

Raum Stuttgart: Kaum Alternativen zu geschlossenen Mängel-Schlachthöfen

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Katja Trautwein
Katja Trautwein (Foto: SWR)
Christian Spöcker
Christian Spöcker, SWR  (Foto: SWR, SWR/Tim Benscheid)

Schlachthöfe in Backnang und Gärtringen wurden nach Tierquälerei-Vorwürfen geschlossen. Dennoch gelten sie in der Region als Hoffnungsträger und als weitgehend alternativlos.

Nachdem die Firma Kühnle ihren Schlachthof in Backnang (Rems-Murr-Kreis) nach Recherchen von Report Mainz über Tierquälerei vorerst geschlossen hat, verschärft sich die Situation für Landwirtinnen und Landwirte in der Region, die ihr Vieh in der Nähe und damit ohne langwierige Transporte schlachten lassen wollen. Das zeigt eine SWR-Umfrage in den Kreisen. Schlachthöfe in der Region Stuttgart seien enorm ausgedünnt, warnt Rüdiger Pyck vom Landesinnungsverband des baden-württembergischen Fleischerhandwerks. Er sieht die Gefahr, dass immer mehr Vieh ins Ausland transportiert und dort geschlachtet wird.

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Mangel an Alternativen

Das Landratsamt des Rems-Murr-Kreises als Aufsichtsbehörde des Kühnle-Schlachthofs hat dem SWR am Montag gesagt, der Betrieb in Backnang könne seiner Ansicht wieder öffnen, sobald die Mängel behoben seien. Wann es soweit ist, sei noch unklar. Bis dahin müssen Landwirtinnen und Landwirte also für die Schlachtung ihres Viehs auf andere Betriebe ausweichen. Doch im Rems-Murr-Kreis gibt es derzeit keine Anlaufstelle mit ähnlichen Kapazitäten wie die Firma in Backnang.

Firma Kühnle in Backnang von außen (Foto: SWR, Report Mainz)
Die Firma Kühnle hat ihren Schlachthof vorerst geschlossen.

Nur wenige Schlachthöfe in der Region

In Stuttgart gibt es überhaupt keinen Schlachthof - und in vielen weiteren Kreisen lediglich Kleinbetriebe wie Metzgereien, die im kleinen Stil schlachten. Das ist beispielsweise im Kreis Esslingen der Fall, wo es anstelle eines Schlachthofs mindestens eine solche Metzgerei gibt, im Kreis Böblingen zwölf. Doch für große Mengen an Vieh kommen sie durch ihre eingeschränkte Kapazität nicht in Frage. Eine Anlaufstelle für Landwirte mit Rindern und Schweinen besteht noch im Kreis Göppingen, beim so genannten MetzgerSchlachthof Göppingen. In einem Betrieb in der Kreisgemeinde Pliensbach werden dagegen ausschließlich Lämmer geschlachtet.

Regionale Anlaufstellen laut Verband wichtig

Die Fleischer-Innung Rems-Murr hofft, dass die Mängel beim Kühnle-Schlachthof behoben werden und er bald mit verbesserten Bedingungen für die Tiere wieder öffnet. Solche regionalen Anlaufstellen seien wichtig, sagt Vorstand Ulrich Fritz aus Schorndorf (Rems-Murr-Kreis) dem SWR. Denn den Tieren werde auf diese Weise ein weiter Transportweg erspart wie beispielsweise nach Polen. Selbst zu schlachten lohne sich für Fleischerinnen und Fleischer nicht. Er habe das zwar bis vor 30 Jahren noch selbst gemacht, berichtet er. Doch es rechne sich nicht und die behördlichen Auflagen seien nur schwer zu erfüllen.

Schlachthof Gärtringen auch weiterhin geschlossen

Andere setzen ihre Hoffnungen darauf, dass der Schlachthof in Gärtringen (Kreis Böblingen) bald wieder öffnet. Das sei absolut wichtig für die Region Stuttgart, um die Fleischversorgung sicherzustellen, sagt Rüdiger Pyck vom Landesinnungsverband des baden-württembergischen Fleischerhandwerks. Doch auch hier gibt es eine ähnliche Vorgeschichte wie in Backnang: Der Schlachthof war 2020 nach massiven Vorwürfen über Verstöße gegen den Tierschutz geschlossen worden.

Schlachthof Gärtringen. Das Landratsamt Böblingen hat nach dem Bekanntwerden mutmaßlicher Missstände den Betrieb des Schlachthofs vorrübergehend untersagt. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/Christoph Schmidt/dpa)
Schlachthof Gärtringen

Kreis Böblingen wartet auf Fördergeld

Geplant ist nun, den Schlachthof in Gärtringen zu einem Vorzeigebetrieb in Sachen Tierwohl und Nachhaltigkeit auszubauen. Doch gegen die geplante Wiedereröffnung gibt es Protest. Außerdem verzögert sich der Umbau. Das Landratsamt Böblingen teilt dem SWR mit, man warte noch auf eine Förderzusage des Landes. Auch der Kreis betont, wie dringend der Betrieb wieder gebraucht werde, denn die Not und der Bedarf der Landwirtinnen und Landwirte sei groß, sagt Pressesprecher Benjamin Lutsch.

Das Landwirtschaftsministerium teilte am Donnerstag mit, für eine Förderzusage warte es noch auf "detaillierte und ausgearbeitete Planunterlagen mit genauen Verfahrensbeschreibungen im Bereich Tierwohl". "Wenn die offenen Fragen geklärt und die Voraussetzungen erfüllt sind, kann die in Aussicht gestellte Förderung bewilligt werden", hieß es auf SWR-Anfrage.

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