Mit Friedensgebeten, geführten Rundgängen und Mahnwachen haben am 9. November Menschen in der Region Stuttgart an die Reichspogromnacht 1938 gedacht. Damals wurden 1.400 Synagogen und andere Versammlungsräume sowie tausende Geschäfte, Wohnungen und jüdische Friedhöfe zerstört. Laut Israelitischer Religionsgemeinschaft wurden 400 Menschen ermordet oder in den Suizid getrieben. Am folgenden Tag wurden 30.000 Jüdinnen und Juden in Konzentrationslagern interniert.
Überblick: Veranstaltungen zur Reichspogromnacht
Gedenken in der Synagoge Stuttgart
Erinnern in Bad Cannstatt
Rundgang durch den Stuttgarter Westen
Glänzende Stolpersteine in Korntal
Vortrag in Ludwigsburg
Friedensgebet in Göppingen
Die Israelitische Religionsgemeinschaft Württemberg gedachte in der Synagoge in Stuttgart an die Menschheitsverbrechen an den europäischen Juden im Nationalsozialismus. Erinnert wurde dabei auch, wie die Stuttgarter Synagoge in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 lichterloh brannte, doch die Feuerwehr nur Wasser auf die benachbarten Gebäude spritzte und die Synagoge nieder brennen ließ.
Auch im Stuttgarter Stadtteil Bad Cannstatt zog ein Bündnis zum Gedenken an die Opfer der Pogromnachtdort vom Marktplatz bis zur ehemaligen Synagoge in Bad Cannstatt.
Rundgang durch den Stuttgarter Westen
Unter dem Motto "Wider das Vergessen! – Jüdisches Leben im Stuttgarter Westen" fand im Stuttgarter Westen ein Rundgang durch die Straßen statt. Eingeladen hatten der Bezirksbeirat Stuttgart-West, der Jugendrat Stuttgart-West, die NaturFreunde Stuttgart e.V. und das Friedrich-Eugens-Gymnasium.
Vor dem Israel-Laden in Korntal in Korntal-Münchingen (Kreis Ludwigsburg) fand die jährliche Gedenkstunde "Wir müssen uns erinnern" statt. Dabei haben unter anderem Konfirmandinnen und Konfirmanden die Stolpersteine mit einem besonderen Glanz poliert, damit sie den Passanten ins Auge fallen.
Ludwigsburg: Erinnerung an einen jüdischen Viehhändler
Auf dem Arsenalplatz in Ludwigsburg wurde das Schicksal des jüdischen Viehhändlers Harry Kahn aus Baisingen bei Rottenburg aus zwei Perspektiven nach gezeichnet. Dabei traten zwei Personen auf: Fredy Kahn erinnerte an seinen Vater, der mehrere Konzentrationslager überlebte und 1945 in sein Heimatdorf zurückkehrte und die Ethnologin Franziska Becker, die zur NS-Gewalt gegen die jüdische Dorfbevölkerung in Baisingen geforscht hat.
In Göppingen folgte auf ein ökumenisches Friedensgebet in der evangelischen Stadtkirche eine Gedenkfeier auf dem Synagogenplatz. In zwei Wochen findet außerdem ein Rezitationsabend mit dem Titel "Vergebens gelebt und gearbeitet - Bertold Auerbach und Richard Wagner" statt. Dabei geht es darum, wie der schwäbisch-jüdische Dichter Berthold Auerbach am Antisemitismus seines Ex-Freundes Richard Wagner zerbrach.