Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine haben in Stuttgart am Abend mehrere hundert Menschen für ein Ende der Kampfhandlungen demonstriert. Auf zwei Kundgebungen forderten rund 800 Teilnehmerinnen und Teilnehmer Frieden in Europa. In Ludwigsburg gab es auf dem Marktplatz ein gemeinsames Gebet der Kirchen mit dem Rat der Religionen und der Stadt. Dazu läuteten auch die Glocken.

Demonstration vor dem russischen Konsulat in Stuttgart
Unter anderem hatte die ukrainische Gemeinde in Stuttgart am Donnerstagabend zu einer Kundgebung auf dem Stuttgarter Schlossplatz aufgerufen. Aus Solidarität mit der Ukraine hatten auch die Jusos Baden-Württemberg, die Grüne Jugend Baden-Württemberg, die Jungen Liberalen Baden-Württemberg, die Junge Union Baden-Württemberg und die Jungen Europäischen Föderalisten Baden-Württemberg für Donnerstagabend zu einer Kundgebung vor dem russischen Konsulat in Stuttgart aufgerufen. Der Titel der Veranstaltung lautete "Für Frieden in Europa und Solidarität mit der Ukraine".
Ludwigsburgs Oberbürgermeister Matthias Knecht (parteilos) verurteilte am Donnerstag den Angriff Russlands. Trotz der vielen diplomatischen Bemühungen der EU-Mitglieder, der USA und der weiteren Verbündeten habe Russland in der Nacht auf Donnerstag begonnen, die Ukraine militärisch zu attackieren, heißt es in einer Mitteilung der Stadt. Aus Solidarität wurden in Ludwigsburg Flaggen der Ukraine und der EU gehisst - genauso wie in Leinfelden-Echterdingen.

"Ein solcher Bruch des Völkerrechts im Herzen Europas ist inakzeptabel. Die politischen Differenzen zwischen Russland und der Ukraine rechtfertigen in keiner Weise einen Krieg, der nur Leid und Zerstörung für die Zivilbevölkerung bereithält."
Mit dem Hissen der Flagge der Ukraine will das Ludwigsburger Rathaus seine Solidarität mit den Menschen in den angegriffenen Gebieten demonstrieren und zum Ausdruck bringen, dass es in der Mitte Europas im 21. Jahrhundert keinen Krieg geben darf. Auch in Ludwigsburg leben Menschen beider Nationen. Die Stadtverwaltung bittet diese, den Konflikt nicht hierher zu tragen, sondern weiterhin in einem guten Miteinander zu leben, auch wenn es aufgrund der Vorfälle nicht einfach ist. In Baden-Württemberg leben in Stuttgart und Karlsruhe die meisten Personen mit ukrainischer und russischer Staatsbürgerschaft.

Russisch-orthodoxer Priester aus Stuttgart: Das Leid tragen wir alle
Ilya Lemberger, Erzpriester der russisch-orthodoxen Gemeinde St. Nikolaus in Stuttgart, sprach mit dem SWR über die Angst um Verwandte und Freunde, über Kinder, die sich in der Schule für die Politik eines Landes rechtfertigen müssen - und darüber, dass das Leid des Krieges am Ende alle tragen.
Evangelische Kirche ruft zum Gebet für Frieden in der Ukraine auf
Angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine rief der evangelische Landesbischof Frank Otfried July alle Christen zum Gebet und die Kirchen zu verstärkten Friedensbemühungen auf. Die Landeskirche sei erschüttert über den Angriff auf die Ukraine, sagte July. Sie denke im Gebet an die Menschen, die darin verwickelt seien und appelliere an die Kirchen, zur Verständigung zu rufen und auf ein Ende der Kämpfe hinzuwirken. "Wir hoffen und beten, dass noch Vernunft einkehren möge, ein Stopp der Angriffe erfolgt, eine Umkehr zum Frieden."
IHK erwartet Rückgang der Geschäfte
Kriegsausbruch und Sanktionen werden sich auch auf die Geschäfte von Unternehmen in Baden-Württemberg und der Region Stuttgart mit der Ukraine und Russland auswirken, vermutet man bei der Industrie und Handelskammer (IHK). "Alle sind bestürzt", sagte Tassilo Zywietz dem SWR. Er ist Geschäftsführer für Außenwirtschaft bei der IHK Region Stuttgart. "Sanktionen sind immer schlecht fürs Geschäft", so Zywietz. Im Jahr 2014, als die Krim besetzt wurde, sei dies schon so gewesen. Und nach dem Einmarsch der Russen in der Ukraine erwarte er noch schärfere Sanktionen und dementsprechend auch einen stärken Rückgang der Geschäfte - vor allem im Automobilbereich und im Maschinenbau, erklärte Zywietz.