Über 13 Jahre im Gefängnis

Unschuldig hinter Gittern? Forscher der Universität Stuttgart sorgen für Zweifel an Mordurteil

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Justizirrtümer kommen selten vor, aber es gibt sie. Möglicherweise wird der Mordprozess gegen Manfred G. dazugehören. Stuttgarter Forscher haben neue Erkenntnisse geliefert.

Forscher der Universität Stuttgart sorgen für erhebliche Zweifel daran, dass ein rechtskräftig verurteilter Mörder für den Tod einer Seniorin 2008 in Rottach-Egern am Tegernsee verantwortlich ist. Manfred G. aus Bayern saß dafür bereits 13,5 Jahre im Gefängnis, bis er diesen Sommer vorläufig frei kam. Der frühere Hausmeister und enge Vertraute der Frau hatte die Tat stets bestritten.

Das Oberlandesgericht München hatte es zwar einst als erwiesen angesehen, dass G. die 87-Jährige in ihrem Haus niedergeschlagen und in der Badewanne ertränkt haben soll. Doch nun wird das Verfahren neu aufgerollt, auch dank Forschern der Universität Stuttgart.

Neue Simulation der Universität Stuttgart

G.s Anwältin Regina Rick aus München hatte die Stuttgarter Forscher rund um Syn Schmitt kontaktiert. Schmitt ist Professor am Institut für Modellierung und Simulation Biomechanischer Systeme an der Universität Stuttgart. Mit gerichtlichen Gutachten war man hier bislang noch nicht betraut.

Der Stuttgarter Wissenschaftler Syn Schmitt erklärt, auf welche Weise die biomechanische Simulationsmethode den Vorfall rekonstruieren kann.   (Foto: Universität Stuttgart/Max Kovalenko)
Der Stuttgarter Wissenschaftler Syn Schmitt erklärt, auf welche Weise die biomechanische Simulationsmethode den Vorfall rekonstruieren kann.

Schmitt prüfte, ob auch ein Sturz zum Tod der alten Dame geführt haben könnte. "Es war die Aufgabe herauszufinden, ob es Anfangssituationen gibt, also stehend vor der Badewanne, sodass eine Endlage erreicht werden kann mit der Erklärung natürlicher Sturz", so Schmitt.

Fall Manfred G.: Mord oder Unfall?

Über fünf Jahre dauerte es, dann zeigte Synn Schmitt stolz das Ergebnis: eine punktgenaue Simulation des Badewannensturzes des ertrunkenen Opfers. Diese Simulation zeigte, was die Gutachter der ersten Prozesse nicht glauben wollten: Die tote Seniorin habe sehr wohl durch einen Sturz die Kopfwunden bekommen können. Mit dieser Erkenntnis lebt die Unfalltheorie wieder auf.

Außerdem konnte ein Kollege von Syn Schmitt an der Universität Stuttgart mit Hilfe eines thermodynamischen Verfahrens und der damit verbundenen Analyse der Wassertemperatur in der Badewanne G. ein Alibi verschaffen. Der Fall G. wird voraussichtlich im kommenden Jahr neu vor Gericht aufgerollt. Schon jetzt ist seine Anwältin Regina Rick überzeugt: Ihr Mandant wird freigesprochen.

Forscher der Universität Stuttgart schon für andere Fälle angefragt

Das neuartige Simulationsinstrument des Stuttgarter Wissenschaftlers Syn Schmitt setzt offenbar neue Maßstäbe in der Aufklärung von Kriminalfällen. Denn der Forscher berichtet dem SWR, er habe abgesehen vom Fall G. schon zahlreiche weitere Anfragen wegen seiner neuen Untersuchungsmethode erhalten. Der Forscher hofft, dass er mit ihr zu objektiveren Gerichtsurteilen beitragen kann.

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