Michael Munzinger ist schwerbehindert. Er kann sein Gleichgewicht nicht halten, nicht richtig sprechen und sieht schlecht. Als Pflegepatient hat er Pflegestufe vier und sitzt im Rollstuhl. Mental ist er jedoch fit. Beim Zeitung lesen entdeckte er eine Lesereise, eine Motorradtour durch die USA. Und Munzinger wusste, wie lange seine Ehefrau bereits von so einem Urlaub träumte. Allerdings: Michael Munzinger wird zuhause von seiner Ehefrau Sabine Schief gepflegt. Sie liebt ihn über alles, doch die Pflege ist anstrengend für sie.
"Eine Bikertour durch die USA, mit dem Motorrad. Da hat er gesagt: Mensch Sabine, das wäre was für dich!"
Spontan entschloss sie sich, die Reise anzutreten. Michael Munzinger sollte für die Zeit in die Reha. Doch diese wurde kurzfristig abgelehnt. Zügig musste ein anderer Pflegeplatz her. Auf die Schnelle fand Sabine Schief ein Zimmer in einem Stuttgarter Pflegeheim. Doch für ihren Ehemann wurde der Aufenthalt nach kurzer Zeit unerträglich.
Kurzzeitpflege wird zum Albtraum
Dem SWR liegen Bilder aus dem Zimmer vor, die die Situation vor Ort zeigen. Für Michael Munzinger war der Raum viel zu eng, überall stieß er mit seinem Rollstuhl gegen die Möbel, die alt und abgenutzt waren. Das Zimmer selbst war bei Bezug nicht gereinigt, im Badezimmer klebte fremdes Blut an den Kacheln, der Duschschlauch war gerissen und das Duschwasser floß nicht richtig ab. Unzumutbare Zustände, über die Michael Munzinger auch die Heimleitung informierte.

Anruf bei Pflegerin blieb unbeantwortet
Eines Abends, so berichtet er, ließ sich das senkrecht aufgestellte Kopfteil seines Bettes nicht mehr in die Horizontale verstellen. Daraufhin klingelte er nach der Pflegerin - vergeblich.
"Sie hat mir dann gesagt, dass sie den Notruf nur in ihrem Schwesternzimmer sieht. Auf ihr Handy - das hat sie mir gezeigt - kriegt sie die Nummer nicht. Und dann wurde mir gesagt: Das geht schon länger nicht!"
Konfrontiert mit den Vorwürfen sagte die Heimleitung dem SWR, dass sie die Vorwürfe nicht bestätigen könne. Nach eigenen Angaben möchte man den Vorfall jedoch "nochmal prüfen, um da im Einzelnen nochmal zu sensibilisieren oder Prozesse anzupassen".
Am Tag der Abreise trafen Michael Munzinger und Sabine Schief zufällig den Heimleiter auf dem Gang. Er sei nett gewesen und habe mit dem Kopf genickt. Trotzdem hatten beide nicht den Eindruck, dass sich etwas ändert, wenn sie weg sind.