Die Stadt Stuttgart will verstärkt Hallen nutzen, um die vor dem Krieg in der Ukraine geflüchteten Menschen unterzubringen. Derzeit werde eine Nebenhalle der Porsche-Arena dafür schrittweise umgewidmet und auch die Nutzung der Messe Stuttgart ernsthaft geprüft, teilte die Stadt am Sonntag mit. Als Notfalllösung sei auch die Turn- und Versammlungshalle in Stuttgart-Münster belegt worden - zumindest übergangsweise. Gegenwärtig würden rund 1.000 Geflüchtete in der Landeshauptstadt beherbergt.
"Wir müssen dafür sorgen, dass die Kriegsflüchtlinge im Land vernünftig verteilt werden und nicht nur in Stuttgart und anderen Großstädten untergebracht werden", sagte Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU). "Wir erleben einen Zustrom in einem nie gekannten Ausmaß", sagte Sozialbürgermeisterin Alexandra Sußmann. "Wir brauchen schnell eine gleichmäßige Verteilung auf alle Stadt- und Landkreise."
Fast alle Plätze in Jugendherbergen und Hotels belegt
Die Lage entwickele sich dynamisch, hatte Oberbürgermeister Nopper bereits am Samstag gewarnt.
"Da die Plätze in den von uns angemieteten Jugendherbergen und Hotels mittlerweile fast alle belegt sind, müssen wir jetzt die Belegung großer Hallen sehr ernsthaft prüfen."
Nopper leitet den Stuttgarter "Koordinierungsstab Ukraine". Wenn Flüchtlinge in großen Gruppen untergebracht werden, würde dies auch die medizinische Versorgung erleichtern, so der OB.
"Außergewöhnliche Einsatzlage" - das steckt dahinter
Die Stadt Stuttgart hatte bereits am Freitag die "außergewöhnliche Einsatzlage" ausgerufen. Wie Stadtsprecher Sven Matis am Samstag erklärte, handele es sich um einen Begriff aus dem Katastrophenschutz, der regelt, wie Rettungsdienste, Polizei, Feuerwehr und technische Hilfswerke gut zusammenarbeiten.
Größtes Problem stelle zum jetzigen Zeitpunkt die Unterbringung der Menschen dar. Die von der Stadt reservierten 600 Hotelbetten reichten wohl nicht aus, so Matis. Am Freitagabend wurden bereits Markierungen und Hinweise in ukrainischer Sprache am Hauptbahnhof angebracht, damit die Geflüchteten aus der Ukraine eine Orientierung haben.
Früheres Impfzentrum in Esslingen bereits Notunterkunft
In einem früheren Impfzentrum in Esslingen bekommen bis zu 400 aus der Ukraine geflüchtete Menschen ein Dach über dem Kopf. Die Feuerwehr stellte dort am Samstag eine Notunterkunft fertig. Rund 30 Helfer und Helferinnen hatten seit dem vergangenen Montag Schränke, Stühle, Betten und anderes Mobiliar in die Räume transportiert. Sanitäre Einrichtungen seien vor Ort, ebenso werde medizinische Versorgung angeboten und eine Essensausgabe organisiert, sagte der Leiter der Stabsstelle Besondere Gefahrenabwehr der Feuerwehr, Andreas Gundl.

Den Planungen des Landkreises zufolge sollen die ersten Menschen am Mittwoch kommender Woche ankommen - es kann aber je nach Lage auch früher so weit sein, wie Gundl sagte. Vorgesehen ist, dass die Geflüchteten maximal eine Woche bleiben, bevor sie weitervermittelt werden. Ob das so auch funktioniert, ist offen. Konzipiert ist die Notunterkunft für 300 bis 350 Menschen, sie könne aber auf bis zu 400 erweitert werden, sagte Gundl.
Flucht vor dem Ukraine-Krieg Wohnraum und psychologische Hilfe: Wie in Baden-Württemberg Flüchtlingen aus der Ukraine geholfen wird
Tausende Menschen versuchen, sich vor den Kriegshandlungen in der Ukraine zu retten. Viele kommen auch nach Baden-Württemberg - eine Herausforderung für Politik und Gesellschaft.
Städte und Kommunen suchen landesweit
Baden-Württemberg bereitet sich bereits seit längerem auf die Aufnahme von Menschen vor, die wegen Russlands Krieg gegen die Ukraine ihr Heimatland verlassen müssen. Viele andere Kommunen und Städte bauen ebenfalls gerade Unterkünfte aus und auf.
Baden-Württembergs Migrationsministerin Marion Gentges (CDU) sprach vergangene Woche von "Fluchtbewegungen, wie wir sie in Europa seit Ende des Zweiten Weltkrieges nicht mehr kannten".