Monika Wagner (Name von der Redaktion geändert), ein Opfer sexueller Belästigung am Arbeitsplatz, steht vor der Notaufnahme eines Krankenhauses. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Georg Wendt)

Wenn Patienten oder Kollegen übergriffig werden

Ludwigsburger Kliniken helfen Opfern sexueller Belästigung

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Was tun, wenn Patienten, Kollegen oder Vorgesetzte Klinikmitarbeiterinnen sexuell belästigen? Die Ludwigsburger RKH Kliniken haben reagiert. Dort gibt es eine externe Betreuung für Opfer.

Ob anzügliche Blicke, unerwünschte Berührungen oder obszöne Nachrichten - im Fall von sexueller Belästigung oder Übergriffe können sich alle Beschäftigte der Ludwigsburger RKH Klininken an Stefanie Lejeune wenden. Die frühere Richterin und unabhängige Rechtsanwältin ist dort seit Frühsommer als Ombudsfrau tätig.

Stefanie Lejeune ist Ombudsfrau für Opfer von sexueller Belästigung und Übergriffen in Krankenhäusern (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Angelique Tuszakowski)
Immer mehr Kliniken in Deutschland setzen Ombudsfrauen ein, um sexuelle Belästigung ihres Personals einzudämmen. Die Rechtsanwältin Stefanie Lejeune ist die Ansprechperson für die Mitarbeitenden der RKH Kliniken in Ludwigsburg

Opferberaterin: Viele Opfer trauen sich nicht über das Erlebte zu sprechen

Mit der Ombudsfrau sollen Betroffene über das Erlebte sprechen und mithilfe ihrer Beratung über weitere Schritte nachdenken können - beispielsweise über eine Beschwerde bei der Gleichstellungsbeauftragten. Die vorwiegend weiblichen Opfer sexueller Belästigung in Kliniken hätten große Hemmungen, diesen Schritt zu gehen. Als Anwältin ist die Ombudsfrau an die Schweigepflicht gebunden. Zusätzlich stehen zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus unterschiedlichen Bereichen als Ansprechpartner zur Verfügung, heißt es bei den RKH Kliniken.

Das Risiko Opfer sexueller Belästigung zu werden, sei an Kliniken besonders groß, berichtet die Opferberaterin: Denn dort werde in engem Körperkontakt gearbeitet. Das gelte sowohl für den Umgang des Personals mit Patienten als auch zwischen Kolleginnen und Kollegen. Nicht zuletzt könnten auch Vorgesetzte übergriffig werden, berichtet die ehemalige Richterin.

"Die Angst oder das unangenehme Gefühl vor einer sexuellen Belästigung oder Diskriminierung wegen Hautfarbe, Abstammung, Religion und anderen Gründen haben bei uns keinen Platz"

Studie: Häufige Belästigung in jeder dritten Klinik

Statistiken zeigen, dass deutschlandweit Bedarf für die Art von Lejeunes Beratung besteht: In jedem dritten Krankenhaus werde der Pflegedienst häufig und in 61 Prozent der Häuser gelegentlich Opfer von Belästigung, heißt es im Krankenhaus Barometer 2019 des Deutschen Krankenhaus Instituts - doch das sei nur die Spitze des Eisbergs. Hinzu kommt das Thema Gewalt: In 59 Prozent der Kliniken waren demnach körperliche und verbale Attacken in den fünf Jahren vor der Studie gestiegen.

Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) ist sich des Problems bewusst. Zugleich verweist sie darauf, die meisten Kliniken setzten sich sehr intensiv mit Gewalt und sexuelle Übergriffen auseinander.

Zur Zahl möglicher Fälle und Beratungen an den RKH Kliniken möchte sich Ombudsfrau Lejeune auf Anfrage nicht äußern: Sie befürchte, das könne sonst bei Betroffenen Vertrauen zerstören, sagt sie dem SWR. Die Ludwigsburger RKH Kliniken ziehen jedenfalls ein positives Zwischenfazit von Lejeunes Beratung für Opfer: Der Bedarf sei vorhanden, die Schritte gegen Belästigung seien wirksam.

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