Aufklärung an der Schule

Cannabis: "Grüner Koffer" soll Jugendliche vom Kiffen abhalten

Stand
Autor/in
Christin Hartard
Onlinefassung
Fabian Ziehe
Fabian Ziehe

Was muss ich über Cannabis-Konsum wissen, was sind mögliche Folgen? Mit speziellem Unterrichtsmaterial sollen Pädagogen im Kreis Ludwigsburg Schülerinnen und Schüler aufklären.

Döschen mit Sand, Kräutern oder Henna - was hat das mit Cannabis zu tun? Die Tiegel gehören zum "grünen Koffer" und zeigen Jugendlichen, mit was Marihuana bisweilen gestreckt ist, welche Schadstoffe enthalten sind. "Oft weiß man gar nicht genau, was man da eigentlich raucht", erklärt Cornelia Knapp. Sie ist Suchtbeauftragte im Kreis Ludwigsburg und schult an diesem Tag Lehrkräfte und Sozialarbeiter in Ludwigsburg in Sachen Cannabis-Prävention. Das Ziel: Sie sollen mit Schülern ins Gespräch kommen über Cannabis. Der grüne Koffer soll dabei helfen.

Offen mit Cannabis umgehen

Neben den Döschen enthält der Koffer Info-Material und Anleitungen, um über Folgen und Risiken von Cannabis-Konsum aufzuklären. Ein Bilderrätsel etwa erklärt, was synthetische Cannabinoide sind und warum Haschisch-Brownies besonders gefährlich sind. "Wichtig ist, dass wir offen mit dem Thema umgehen und es nicht mit dem erhobenen Zeigefinger machen", sagt die Suchtbeauftragte Knapp. Nur so könne man die Schüler erreichen. Denn fast zehn Prozent der 12- bis 17-Jährigen haben in ihrem Leben bereits mindestens einmal Cannabis ausprobiert, so die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.

Ein geöffneter Koffer mit Aufklärungsmaterial - Der "grüne Koffer" soll im Schulunterricht bei der Cannabis-Prävention unterstützen.
Mit dem Material aus dem "grünen Koffer" unterstützt Lehrkräfte im Kreis Ludwigsburg bei der Präventionsarbeit zu Cannabis.

Deshalb sollen die Schüler bei einer Übung auch mögliche Vorzüge des Cannabis-Konsums benennen. Bei der Übung sollen sie Murmeln in zwei Glasröhren werfen: Eine steht für Pro und eine für Contra. "Hintergrund ist, dass man sich Alternativen sucht zum Cannabis-Konsum", erklärt die Suchtbeauftragte. Wenn Schüler also zum Beispiel sagen, dass Marihuana-Rauchen entspannend wirken könne, dann suchen Lehrende und Jugendliche gemeinsam nach anderen Wegen zur Entspannung.

Cannabis-Konsum an Schulen explodiert

Dass Cannabis ein großes Thema ist, zeigt der Austausch unter den Teilnehmenden. Eine Lehrerin berichtet davon, dass der Cannabis-Konsum in ihrer Schule regelrecht explodiert sei. Eine Schulsozialarbeiterin ergänzt, dass an ihrer Schule immer wieder Schüler bekifft ins Klassenzimmer kämen. Ob Unterricht oder Schulsozialarbeit, Cannabis fällt auf im Kontext Schule. Das Seminar richtet sich folglich an alle pädagogischen Kräfte an einer Schule. Zudem unterstützt auch Dennis Kienle die Suchtbeauftragte Cornelia Knapp bei der Fortbildung. Er ist vom landeseigenen Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung.

In kleinen Tiegeln sind Stoffe gesammelt, mit denen Cannabis gestreckt werden kann: Solches Material für den Unterricht ist Teil des "Grünen Koffers", ein Präventionsangebot für Schulen im Kreis Ludwigsburg.
In kleinen Tiegeln sind Stoffe gesammelt, mit denen Cannabis gestreckt werden kann: Solches Material für den Unterricht ist Teil des "Grünen Koffers", ein Präventionsangebot für Schulen im Kreis Ludwigsburg.

In den Suchtberatungsstellen sind die Fallzahlen laut Cornelia Knapp gerade rückläufig. Doch von der Statistik sollte man sich dabei nicht täuschen lassen, sagt sie: Der Rückgang liege aber allein daran, dass der Konsum nicht mehr strafrechtlich verfolgt wird und deshalb weniger Fälle von der Polizei zugewiesen werden. Präventionsarbeit sei allerdings so wichtig wie nie, sagt Knapp. Durch die Legalisierung sei bei vielen Jugendlichen die Hemmschwelle gesunken, Cannabis zu probieren – auch wenn der Konsum für unter 18-Jährige verboten bleibt.

Cannabis-Konsum unter 25 Jahren besonders gefährlich

Für Knapp wäre eine Legalisierung erst für ältere Menschen sinnvoll gewesen. "Das Gehirn ist bis zum 25. Lebensjahr noch im Wachstum und Cannabinoide wie THC können besonders in dieser Phase sehr schädlich sein." Auch das Risiko für Psychosen sei medizinisch nachweislich erhöht. Der "Grüne Koffer" soll dazu beitragen, dass weniger Jugendliche beginnen zu kiffen - oder zumindest ihren Konsum reduzieren. Entwickelt wurde er von der Ginko-Stiftung für Prävention in Nordrhein-Westfalen. Mittlerweile ist er bundesweit im Einsatz.

"In Baden-Württemberg gibt es in allen Landkreisen zwei Koffer", sagt Cornelia Knapp. Lehrkräfte sowie Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, die die Schulung gemacht haben, dürfen den Koffer für ihre Schulen ausleihen. In Ludwigsburg steht das Projekt noch am Anfang. Die Suchtberaterin will zusammen mit einer Kollegin künftig noch viele weitere Pädagoginnen und Pädagogen schulen. Die Not und der Bedarf seien groß.

Reutlingen

Trotz Cannabis-Legalisierung Suchtberatungsstellen in BW müssen bei Präventionsarbeit kürzen

An Schulen findet immer weniger Aufklärung über Cannabis und andere Drogen statt. Für die Suchtprävention fehlt oft das Geld - zum Beispiel in Reutlingen.

SWR Aktuell Baden-Württemberg SWR BW

Heilbronn

Suchtberater und Polizei seit Legalisierung stärker gefordert Schulen suchen Hilfe: Umgang mit kiffenden Schülern unklar

Seit 1. April dürfen Erwachsene kiffen. Dadurch wurde es auch für Jugendliche interessanter. Aktuell sorgt die Legalisierung für großen Aufwand bei Beratern und bei der Polizei.

SWR4 am Mittwoch SWR4

Landkreis Emmendingen

Jahresbericht der Beratungsstelle "emma" Emmendingen: Mehr junge Menschen suchen Hilfe wegen harter Drogen

Die Zahl jugendlicher Abhängiger, die sich an die Emmendinger Jugend- und Drogenberatung wenden, hat deutlich zugenommen. Eine Entwicklung macht den Beratern besonders Sorgen.

SWR4 am Nachmittag SWR4

Balingen/Grosselfingen

Selbsthilfegruppe im Zollernalbkreis: "Drogenkonsum wird steigen" Neues Cannabis-Gesetz macht Eltern süchtiger Kinder Angst

Ab dieser Woche dürfen Erwachsene in Deutschland legal Joints rauchen und Cannabis für den Eigenbedarf anbauen. Eltern suchtkranker Kinder macht die Cannabis-Legalisierung Angst.

SWR4 BW am Morgen SWR4 Baden-Württemberg

Stand
Autor/in
Christin Hartard
Onlinefassung
Fabian Ziehe
Fabian Ziehe

Reportagen, Shorts und Erklärvideos SWR Aktuell nun mit eigenem YouTube-Kanal am Start

Ab sofort ist SWR Aktuell auch bei YouTube mit einem eigenen Kanal zu finden. Damit ist die Nachrichtenmarke des SWR künftig neben Instagram und Facebook auch auf der wichtigsten Nachrichtenplattform präsent. 

Baden-Württemberg

Die wichtigsten News direkt aufs Handy SWR Aktuell Baden-Württemberg ist jetzt auch auf WhatsApp

Der WhatsApp-Kanal von SWR Aktuell bietet die wichtigsten Nachrichten aus Baden-Württemberg, kompakt und abwechslungsreich. So funktioniert er - und so können Sie ihn abonnieren.

Baden-Württemberg

SWR Aktuell - der Morgen in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren: Newsletter mit BW-Nachrichten am Morgen!

Sie wollen morgens auf dem neuesten Stand sein? Dann abonnieren Sie "SWR Aktuell - der Morgen in BW". Die News aus Ihrem Bundesland ganz bequem in Ihrem Mailpostfach.