Lange Schlange vor dem Bürgerbüro Stuttgart-Mitte (Foto: SWR, Aita Koha)

Wenig Personal macht der Stadt zu schaffen

Lange Wartezeit für Termine in den Stuttgarter Bürgerbüros

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Katja Trautwein
Katja Trautwein (Foto: SWR)

Wer in Stuttgart dringend ins Bürgerbüro muss, hat es gerade schwer. Manche sind seltener geöffnet, die Wartezeit beträgt bis zu zwei Stunden. Eines hat seit Monaten geschlossen.

Viele Menschen sind genervt, weil sich vor den Bürgerbüros in Stuttgart derzeit teilweise lange Schlangen bilden. Grund dafür ist, dass die Ämter momentan nicht wie üblich arbeiten. Die Niederlassung in Stuttgart-West hat sogar schon seit Mitte März komplett geschlossen.

Schon 2021 gab es vor vielen Bürgerbüros in Stuttgart lange Schlangen:

Zahlreiche Menschen stehen vor einem Gebäudeeingang in einer Fußgängerzone (Foto: SWR, Diana Hörger)
Lange Schlangen von Wartenden vor dem Bürgerbüro in Stuttgart Mitte.

Auto können in Stuttgart nur in der Zulassungsstelle abgemeldet werden

Derzeit kümmern sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in erster Linie um Pass‐ und Melde-Angelegenheiten, um bestimmte Führerschein-Themen und um Verpflichtungserklärungen für Besuchsaufenthalte, also wenn zum Beispiel ausländische Verwandte zu Besuch kommen.

"Wer nur und ausschließlich sein Fahrzeug abmelden möchte, kann hierfür nicht aufs Bürgerbüro, sondern muss zur Zulassungsstelle", teilte die Stadt dem SWR auf Anfrage mit. Soll heißen: Wer zum Beispiel in Stuttgart seinen Wohnsitz anmelden möchte, kann gleichzeitig auch sein Fahrzeug beim Bürgerbüro ummelden.

Der Grund für all das ist nach Angaben der Stadt, dass sie zur Zeit einfach zu wenig Personal in den Bürgerbüros einsetzen kann: Aktuell seien 42,5 Stellen bei den Bürgerbüros unbesetzt, was 25 Prozent und damit jeder vierten Stelle entspreche.

Dorothea Koller vom Stuttgarter Amt für öffentliche Ordnung erklärt im SWR-Interview, warum die Bürgerbüros derzeit nicht so arbeiten wie gewohnt:

Stuttgart

Lange Schlangen vor den Bürgerbüros in Stuttgart Ordnungsamtsleiterin Koller: Nach den Sommerferien dürfte es besser werden

Die Bürgerbüros in Stuttgart sind derzeit entweder geschlossen oder die Bürger müssen lange Wartezeiten in Kauf nehmen. Warum ist das so? Ein Interview.

Zuerst machten sich beim Amt viele Krankheitsausfälle wegen Corona bemerkbar, jetzt habe das Personal wegen Geflüchteter aus der Ukraine deutlich mehr zu tun als zuvor.

"Viele wechseln in besser bezahlte Bereiche mit weniger Publikumskontakt."

Dass viele den direkten Kontakt mit Bürgerinnen und Bürger scheuen, ist aber nicht alleine das Problem, auch wenn immer mehr verbale Beleidigungen nach Angaben der Stadt zu diesem Phänomen beitragen würden.

Arbeit im Bürgerbüro ist wenig flexibel

Hinzu komme, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Bürgerbüros nicht mobil arbeiten könnten, also zum Beispiel mit dem Laptop und einer Webcam von zu Hause aus. Und da auch die Sprechzeiten der Behörden fix sind, sind es die Arbeitszeiten ebenso, wie die Stadt einräumt.

"Nachwuchskräfte zu rekrutieren ist schwierig. Die Einarbeitung neuer Kräfte (...) dauert zwischen sechs und zwölf Monate."

Das Problem beschränkt sich nicht nur auf die Landeshauptstadt. Auch in anderen Städten Baden-Württembergs gibt es Probleme in den Bürgerbüros:

Karlsruhe

Langes Warten auf einen Termin Stadt Karlsruhe reagiert auf Kritik: Bürgerservice soll verbessert werden

Die Stadt Karlsruhe will bis Pfingsten die Situation in den Bürgerbüros spürbar verbessern. Zuletzt gab es Kritik weil Bürger lange auf einen Termin warten mussten.

Bürgerbüro Stuttgart-West komplett geschlossen

Das Bürgerbüro Stuttgart-West bleibt nach Angaben der Webseite bis voraussichtlich Mitte September geschlossen. Stuttgarterinnen und Stuttgarter könnten aber in jedes andere Bürgerbüro der Stadt ausweichen, so das Amt.

In den Bürgerbüros Nord, Feuerbach und Möhringen sollen die Öffnungszeiten jetzt wieder besser sein. Denn bis vergangenen Freitag (10.6.) waren sie wegen der Pfingstferien zeitweise den ganzen Tag über geschlossen. In Botnang ist das noch bis einschließlich 17. Juni der Fall.

CDU-Bezirksbeirat kritisiert Wartenummern in Sillenbuch

Der CDU-Bezirksbeirat in Sillenbuch ist unzufrieden mit den Zuständen in den Bürgerbüros. Bezirksbeirat Philipp Kordowich sagte dem SWR, er höre von Bürgerinnen und Bürger Berichte über extrem lange Wartezeiten. Teilweise seien sie schon direkt zu Beginn der Öffnungszeit wieder weggeschickt worden.

Besonders problematisch: Im Vergleich zu anderen Bürgerbüros in Stuttgart könne man in Sillenbuch vorab keine Termine vereinbaren. Vor Ort gibt es laut Kordowich nur das System, bei dem man sich eine Wartemarke ziehen muss.

Im Wesentlichen ist es ein Fehler in der Personalpolitik, dass versäumt wurde, Personal aufzubauen.

Wartemarkenanzeige in Stuttgarter Bürgerbüro (Foto: SWR)
Schon im Sommer 2021 kamen so viele Besucher, dass die Ausgabe der Wartemarken teils vorzeitig gestoppt werden musste.

In einem Antrag hat der Beirat das Amt für öffentliche Ordnung aufgefordert, den Bürgerservice schnellstmöglich zu verbessern. Dazu gehöre auch, die Abläufe im Bürgerbüro in Sillenbuch digitaler zu gestalten. Für viele Themen müssten die Menschen aus dem Stadtbezirk mehrmals zum Amt. Wer zum Beispiel einen neuen Personalausweis brauche, müsse zweimal ins Bürgerbüro Sillenbuch gehen - und damit auch zweimal Schlange stehen.