Im Verkehrsausschuss am Montag stimmten der Böblinger Landrat Roland Bernhard (parteilos) und der Böblinger Kreistag für eine Resolution. Darin soll abgelehnt werden, so ein Sprecher des Landratsamtes in Böblingen, dass die Anbindung der Gäubahn an den Stuttgarter Hauptbahnhof gekappt wird - und das über eine Bauzeit von voraussichtlich bis zu zehn Jahren. Außerdem sprechen sich die Böblinger darin deutlich gegen die Verlegung der Gäubahnstrecke über Tübingen aus.

Stattdessen fordern sie eine geeignete Übergangslösung. "Optimal wäre es", so der Sprecher, "die Panoramabahn zu erhalten und damit die Züge bis zum Hauptbahnhof in Stuttgart durchfahren zu lassen." In jedem Fall müsse der IC-Halt in Böblingen erhalten bleiben. Die Kreisräte und der Landrat sprechen sich in der Resolution aber auch für die Pläne aus, die Gäubahnstrecke auszubauen. Sie soll in der nächsten Kreistagssitzung am 25.7. verabschiedet werden.
VWI-Gutachten eindeutig für Erhalt von Panoramabahn
Ein Gutachten zum letzten Abschnitt der Gäubahn Richtung Hauptbahnhof Stuttgart, der sogenannten Panoramabahn, kommt zu dem eindeutigen Ergebnis: Diese Bahn zu erhalten ist sehr sinnvoll. Erstellt hat das Gutachten das Verkehrswissenschaftliche Institut Stuttgart (VWI) im Auftrag des grünen Landesverkehrsministers. Winfried Hermann kommentierte das Ergebnis am Mittwoch in Stuttgart so: "Die Studie des VWI lässt keine Zweifel: Die Panoramabahn bietet mit einer leistungsstarken Anbindung auch langfristige Vorteile und Möglichkeiten als Ergänzung zum neuen Eisenbahnknoten Stuttgart. (...) Im Sinne der Verkehrswende, von Angebotsausweitungen und einer notwendigen Redundanz wäre es ein Riesenfehler, die Panoramabahn nicht weiter zu nutzen. Sie muss auch leistungsfähig angebunden werden."
"Die Panoramabahn ... dauerhaft zu erhalten, ist überaus sinnvoll."
Dem Gutachten zufolge kann die Panoramabahn auch als Ausweichstrecke genutzt werden, wenn die S-Bahn-Stammstrecke zwischen Hauptbahnhof und Stuttgart-Vaihingen gesperrt ist. Und sie hat demnach noch weiteres Potenzial: Bei einem 30-Minuten-Takt gehen die Gutachter von 10.000 Fahrgästen pro Tag aus, bei einem 15-Minuten-Takt würde sich die Zahl verdoppeln. Viele dieser Passagiere wären demnach neue Fahrgäste, weil auch in den dicht besiedelten Gebieten entlang der Bahn neue Haltestellen angedacht sind.
Auch zu den Kosten steht etwas in dem VWI-Papier: Kurzfristig müssten Gleisbett und Gleise der Panoramabahn erneuert werden - für rund 45 Millionen Euro. Später wären auch die Tunnel fällig für eine Sanierung (geschätzt 120 Millionen Euro). Da gäbe es aber Fördergelder des Bundes, die auch relativ rasch beantragt werden könnten.
Horrorszenario: Bahnhof Böblingen über Jahre abgehängt
Schon Heiner Geißler forderte 2010 in seinem Schlichterspruch, die Panoramabahn zu erhalten und sie leistungsfähig anzubinden, zusätzlich zur Gäubahn, die über den Flughafen fahren soll. Damit liegen Geißler, Hermann und der Landkreis Böblingen auf einer Linie. Denn für Böblingen wäre das ein Horror-Szenario: Während ein Tunnel im Rahmen von Stuttgart 21 gebaut wird, könnte der Bahnhof in Böblingen über Jahre von der wichtigen Zugverbindung Zürich-Singen-Stuttgart abgehängt werden.
Denn nach bisherigen Plänen können während der Bauarbeiten Züge auf der Gäubahn-Strecke nicht bis zum Stuttgarter Hauptbahnhof durchfahren. Die Fahrgäste müssten in Stuttgart-Vaihingen aus- und in die S-Bahn umsteigen. Der Halt der Fernzüge am Bahnhof Böblingen würde gestrichen. Bei einem Alternativvorschlag würden die Züge gleich ab Horb über Tübingen bis nach Stuttgart umgeleitet. "Das wollen wir nicht über so lange Zeit hinnehmen", so ein Sprecher des Landratsamtes in Böblingen. Die geplante Resolution solle sich vor allem an den Bund richten, aber auch an die Deutsche Bahn und die Stadt Stuttgart. Die hat sich bislang dagegen ausgesprochen, die Panoramabahn zu erhalten.
Streckenführung über Tübingen: "Schlechter Witz"
"Keine Abbindung ohne Alternative" - mit dieser Forderung wehren sich auch die Oberbürgermeister der Kommunen entlang der Gäubahn-Strecke gegen die Pläne. Der Raum Böblingen/Sindelfingen sei einer der stärksten Wirtschaftsräume Europas, so der Böblinger Oberbürgermeister Stefan Belz (Grüne). "Dass hier über zehn Jahre lang unsere Pendlerinnen und Pendler keine Regional- und Fernzüge mehr nutzen können, halte ich für einen schlechten Witz." Die Oberbürgermeister wollen ihre Forderung nach einer Alternative auf den Terminen zur Gäubahn am Donnerstag in Stuttgart und am 19. Juli in Böblingen vorbringen.