Medizinische Hilfe für Kriegsopfer

Klinikum Stuttgart behandelt krebskranke Kinder aus Ukraine

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Durch den Krieg kommt es zu Engpässen bei der Versorgung verletzter und chronisch kranker Menschen in der Ukraine. Einige Kliniken aus der Region Stuttgart leisten bereits Hilfe.

Am Olgahospital, das zum Klinikum Stuttgart gehört, sind am Donnerstag die ersten an Krebs erkrankten Kinder aus der Ukraine angekommen, wo sie wegen des Krieges nicht mehr ausreichend behandelt werden können. Die Ärztin Claudia Blattmann hat am Donnerstagmorgen vier schwer kranke Kinder in Empfang genommen. "Die Kinder haben große Angst, weil nur ihre Mütter dabei sind, dass wir ihnen die Mütter wegnehmen", erzählte sie dem SWR.

"Die Kinder sind sehr verängstigt."

Die vier Kinder sind zwischen fünf und 14 Jahren alt und leiden an schwerem Knochen- oder Weichteilkrebs. Am Olgahospital müssen sie ihre Chemotherapie weitermachen oder operiert werden. Für den Chef des Klinikums Stuttgart, Jan Steffen Jürgensen, ist es fast eine Selbstverständlichkeit, dass die Kinder in Stuttgart behandelt werden. "Wir haben mit dem Olgahospital Deutschlands größte Kinderklinik mit einer der größten Kinderonkologien im deutschsprachigen Raum mit besonderer Kompetenz für einige Tumorarten", sagte er.

Wer die Behandlungskosten trägt, die Stadt Stuttgart oder ein anderer Träger, ist noch nicht ganz klar. Für Ärztin Blattmann spielt das aber auch keine Rolle. Sie denkt auch an die Kollegen in der Ukraine. "Ich finde das ganz furchtbar - die Vorstellung: Man muss als Arzt in Kiew diese Patienten einfach in einen Bus setzen, irgendwo hinfahren, ins Ungewisse. Es ist furchtbar."

Nach Angaben von Pressesprecher Stefan Möbius soll die Behandlung der Patientinnen und Patienten möglichst ohne langen bürokratischen Aufwand direkt beginnen. Für die Unterbringung der Eltern und Geschwister in einer am Klinikum Stuttgart gelegenen Einrichtung sei ebenso gesorgt. Zusätzlich gebe es am Katharinenhospital dank eines Neubaus auch Bettenkapazitäten für die Notfallversorgung von Erwachsenen. Das Klinikum Stuttgart hat bereits erste Geflüchtete aus der Ukraine behandelt, darunter Menschen, die dringend eine Dialysebehandlung brauchen.

Krankenhäuser in der Region Stuttgart bereit für Notfallversorgung  

Auch Krankenhäuser des Klinikverbunds Südwest garantieren nach eigenen Angaben in Abstimmung mit den Chefärztinnen und Chefärzten aus den Landkreisen Calw und Böblingen die medizinische Unterstützung. Vorrangig soll es dabei um die Notfallversorgung von Kriegsopfern gehen. Aber auch chronisch Kranke, wie etwa Tumorpatientinnen und -Patienten, sollen trotz zusätzlicher Belastung während der Pandemie behandelt werden, so die stellvertretende Pressesprecherin des Klinikverbunds, Tiziana Schuster. Noch ließe sich der Bedarf an Hilfe nicht einschätzen. Für die Versorgung sei man aber bereit. "Die Betten hier sind selten leer, akute Notfälle werden wir aber natürlich auch während Corona behandeln", sagte die Sprecherin des Klinikums Esslingen, Anja Dietze.  

Von Pandemie-Erfahrungen profitieren

Behilflich ist bei der Verteilung von Patientinnen und Patienten das in Deutschland seit der Pandemie einführte Kleeblattsystem. Die bundesweite Struktur wurde geschaffen, um Kranke aus besonders betroffenen Regionen in Kliniken mit mehr Kapazitäten zu verlegen. Dieses System soll nun auch eingesetzt werden, um die Kriegsopfer gleichmäßig verteilen zu können.  

Medizinisches Material aus der Region Stuttgart für die Ukraine

Über die medizinische Versorgung hinaus schließen sich die Krankenhäuser auch zahlreichen regionalen Hilfsaktionen an und spenden Medikamente, steriles OP-Werkzeug und Hygieneartikel, die von professionellen Organisationen in der Ukraine verteilt werden. Speziell Antibiotika und Schmerzmittel seien gerade nötig, sagte Anja Dietze vom Klinikum Esslingen. Geldspenden unter den Mitarbeitenden der Fils-Alb-Kliniken im Kreis Göppingen fließen in den Einkauf von akut benötigten Hilfsgütern in der Ukraine wie etwa Babynahrung und Verbandmaterial. 

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SWR