Krähen sind clevere Tiere. Das muss der Stuttgarter Landwirt Klaus Brodbeck immer wieder feststellen. Abends setzen sie sich auf das Dach seines Gewächshauses, warten, bis sich Fliegen und andere Insekten dort sammeln und picken dann durch die Gewächshausfolie, um sich ihr Futter zu sichern. Gut für die Vögel, schlecht für den Landwirt.
Auch auf dem Feld richten die Krähen Schaden an. Wenige Stunden nach der Auspflanzung kommen die ersten Krähen angeflogen und picken die ersten Salat-Jungpflanzen aus. Und frisch gesäte Sonnenblumen können unter Vlies versteckt sein, die Krähen finden das Saatgut trotzdem und picken es aus, so Bauer Brodbeck.

Bauernverbände: Schäden durch Krähen nehmen immer mehr zu
Der Hof von Klaus Brodbeck ist kein Einzelfall. "Saat- und Rabenkrähen richten auf landwirtschaftlichen Flächen in Baden-Württemberg von Jahr zu Jahr größere Schäden an", teilten der Landesbauernverband in Baden-Württemberg (LBV) und der Badische Landwirtschaftliche Hauptverband (BLHV) am Dienstag mit. Im Jahr 2021 wurden 166 Schäden in insgesamt 21 Landkreisen gemeldet, so das Ergebnis einer Abfrage bei den Mitgliedsbetrieben.
Ärger für Kaffees, Geschäfte und Anwohner Krähen-Plage in Ulm und Neu-Ulm: Hunderte Vögel nisten in Innenstädten
In Ulm und Neu-Ulm hat sich eine Krähenplage entwickelt. Hunderte Saatkrähen haben sich auf den Bäumen eingenistet - zum Ärger von Anwohnern, Laden- und Cafébesitzern.
Beim Mais kommt es bis zum Totalausfall
Besonders betroffen ist der Mais, mehr als die Hälfte aller gemeldeten Schäden entfällt auf ihn. Die Vögel picken nicht nur die Samen, sondern auch die Sprösslinge aus dem Boden. Teilweise sei eine mehrfache Nachsaat notwendig, heißt es bei den Bauernverbänden. Das führt aber zu Problemen bei der Ernte, weil die Pflanzen nicht zum gleichen Zeitpunkt reif sind. Im Ökolandbau sei der Maisbau aufgrund vieler Krähen stellenweise nicht mehr möglich, die Schäden reichten bis zum Totalausfall, so der LBV und der BLHV am Dienstag.
"Bis zu 150 Krähen sitzen auf dem Silo und picken Löcher in die Folien vom Fahrsilo und Siloballen. Das Futter verfault."
Erdbeeren: Krähen picken in die roten Früchte
Auch bei den Erdbeeren ist der Schaden sehr hoch. Krähen picken fast jede rote Erdbeere an. Diese müssen dann entfernt werden, damit nicht die benachbarten Beeren anfangen zu faulen. Auch tägliches Pflücken helfe nichts, da dann auch halbreife Früchte angepickt würden, so das Ergebnis der Untersuchung.
Die Liste der betroffenen Pflanzen ist lang. Sie reicht von Salaten und Gurken über Sonnenblumen bis hin zu Winterweizen und Kirschen - insgesamt sind es 24 unterschiedliche Pflanzenarten, die meist angepickt oder aus der Erde herausgerissen werden und dann vertrocknen. Die gemeldeten Schäden werden pro Betrieb und betroffener Pflanze mit bis zu 25.000 Euro bei Erdbeeren und bis zu 10.000 Euro bei Brokkoli angegeben.

Was fordern die Landesbauernverbände?
In den 1950er Jahren war die Saatkrähe in Baden-Württemberg fast ausgestorben. Seitdem hat sich der Bestand erholt, trotzdem dürften sie - abgesehen von Einzelfällen - nicht bejagt werden, monieren die Bauernverbände. Sie fordern, dass die Schonzeit für Rabenvögel aufgehoben werden kann und dass durch eine Erweiterung der EU-Vogelschutzrichtlinie eine "effektive Bejagung" ermöglicht wird. Außerdem müssten die landwirtschaftlichen Betriebe unterstützt und gemeinsam mit der Landesregierung "effektive und paxistaugliche Lösungen" gefunden werden.
"Das sind keine kleinen Schäden. Die Schäden werden immer größer."
Stuttgarter Landwirt: Schaden durch Krähen bis zu 100 Prozent
Landwirt Klaus Brodbeck kämpft seit zehn Jahren mit Saat- und Rabenkrähen. Die Ausfälle liegen je nach Kulturpflanze bei 30 bis 100 Prozent, sagt er. Die Saatkrähe ist von der EU geschützt und war Vogel des Jahres 1986.
Nicht nur auf dem Land, sondern auch in Innenstädten hat die Zahl der Krähen zuletzt teilweise stark zugenommen. Auch in Laupheim (Kreis Biberach), Weil am Rhein (Kreis Lörrach) und in Bad Waldsee (Kreis Ravensburg) stören sich Menschen an dem "unzumutbaren Gekrächze und Gekacke".