In Kornwestheim (Kreis Ludwigsburg) wird eine weitere Container-Wohnanlage für geflüchtete Menschen aus der Ukraine aufgebaut. Das hat der Gemeinderat Donnerstagabend einstimmig beschlossen. In der Container-Wohnanlage im Moldengraben sollen rund 80 Personen unterkommen können.
Neue Container für rund 80 Geflüchtete aus der Ukraine
Sechs Standorte waren zuvor für die neuen Geflüchteten-Unterkünfte im Gespräch gewesen. Nun fiel die Wahl auf das Gelände des früheren Betonwerks. Die Stadt will dort möglichst schnell zwei zweigeschossige Anlagen mit Einzel- und Doppelwohncontainern und funktionalen Räumlichkeiten entstehen.
Die Stadt plant für die neuen Wohnanlagen mit Kosten von rund 1,9 Millionen Euro. Dazu zählen auch zwei Photovoltaikanlagen. Wenn die Wohncontainer irgendwann wieder abgebaut werden, sollen diese Anlagen auf den Dächern anderer städtischer Gebäude installiert und dort genutzt werden.
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OB Lauxmann appelliert an die Bundesregierung
Kornwestheims Oberbürgermeister Nico Lauxmann (CDU) sieht die Stadt unterdessen am Limit. In einer Infoveranstaltung für Bürgerinnen und Bürger hatte er zuvor einen Appell an die Bundesregierung gerichtet. Es drohe eine akute Überlastung der Zivilgesellschaft mit ihren zahlreichen ehrenamtlich Engagierten sowie der hilfsbereiten und solidarischen Kommunen, so Lauxmann.
"Die Frage ist nicht mehr, ob wir uns solidarisch zeigen wollen. Es ist zu einer Frage geworden - und dies bereitet mir große Sorge -, ob wir in der derzeitigen Entwicklung noch die notwendigen Mittel haben, diese Aufgabe der Unterbringung und Integration der geflüchteten Menschen zu erfüllen", sagte Lauxmann.
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LEA in Kornwestheim soll im Sommer in Betrieb gehen
Allerdings muss Kornwestheim keine Geflüchteten aus anderen Ländern als der Ukraine unterbringen. Denn die Stadt ist von der Aufnahme Asylsuchender im Rahmen der Anschlussunterbringung befreit. Grund dafür ist, dass in Kornwestheim gerade eine neue Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Baden-Württemberg (LEA) gebaut wird.
Kornwestheim muss daher derzeit lediglich für Ukrainerinnen und Ukrainer neue Unterkünfte bauen. Denn sie werden nicht in LEAs untergebracht. Anders als Geflüchtete aus anderen Staaten müssen sie kein normales Asylverfahren durchlaufen. Durch eine EU-Richtlinie erhalten sie einen automatischen Aufenthaltsstatus.
Die Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) in Kornwestheim soll im Juli fertig sein. Bislang betreibt das Land zehn Erstaufnahmeeinrichtungen. Zuletzt gab es in Tamm bei Ludwigsburg Protest gegen den Bau einer neuen Landeserstaufnahmeeinrichtung.
Kommunen fordern Unterstützung für Flüchtlinge
Mit seiner Ansicht, dass seine Stadt überlastet ist, ist Lauxmann jedenfalls nicht alleine. Die Kommunen und Landkreise in der Region Stuttgart hatten bereits im vergangenen Jahr mehrfach Alarm geschlagen. Der Gemeindetag Baden-Württemberg rechnete im Oktober 2023 vor, dass die Kommunen im Land in 20 Monaten über 220.000 Geflüchtete aufgenommen hätten. Die regulären Aufnahmekapazitäten seien längst belegt.
Auch der Landkreistag Baden-Württemberg macht schon seit langem auf die hohen, auch finanziellen Belastungen der Kommunen und Kreise durch Geflüchtete aufmerksam. Die Integrationsfähigkeit vieler Kommunen sei am Limit. Das Gremium verabschiedete im vergangenen Jahr sogar eine Resolution dazu. Darin wurde unter anderem ein Aufnahmestopp für Geflüchtete gefordert. Zudem hatte die Resolution eine Diskussion über eine "Arbeitspflicht" für Geflüchtete ausgelöst.
Politischer Streit um neue Unterkünfte
Das BW-Justizministerium schätzt, dass das Land im laufenden Jahr rund 27.300 Geflüchtete unterbringen muss. Die Zahl von Geflüchteten aus anderen Ländern als der Ukraine bleibt weiter hoch. Justizministerin Marion Gentges (CDU) will zur Not den Bau neuer Unterkünfte auch gegen den Willen der jeweiligen Kommune durchsetzen.