Wer seelisch leidet, leidet oft monate- oder jahrelang darunter. Michaela Glüh kämpft schon seit ihrer Kindheit gegen Depressionen. Momentan habe sie diese im Griff, kann auch wieder kleine Dinge genießen. Dazu gehören beispielsweise ein paar Sonnenstrahlen am Nachmittag.
Michaela Glüh hat durch ihre Therapien gelernt, mit der Erkrankung umzugehen. Wichtig seien aber auch Selbsthilfegruppen gewesen, betont sie. Mitten in der Corona-Pandemie habe sie sogar eine eigene Selbsthilfegruppe gegründet.
Auch die Telefonseelsorge kann bei der Stabilisierung depressiver Menschen eine wichtige Rolle spielen. Viele, die beispielsweise in Stuttgart anrufen, fühlen sich einsam und haben bereits Probleme. Ukrainekrieg, Inflation und Energiekrise können weitere Auslöser für psychische Krisen sein.
Telefonseelsorgerin Renate blickt daher mit Sorge auf die nächsten Monate: "Keiner kann abschätzen, was im Winter auf ihn zukommt. Von äußerlichen Bedingungen wie Kälte oder davon, dass die Heizung abgedreht wird. Das treibt die Menschen um," betont die Mitarbeiterin.
Fast jeder zehnte Erwachsene wird von Depressionen beeinträchtigt
Nach Angaben der Deutschen Depressionshilfe sind fast zehn Prozent der Erwachsenen in Deutschland von Depressionen beeinträchtigt. Aktuelle Krisen wie der Ukraine-Krieg können ihre Krisen weiter verschlechtern. "Für jemanden, der hier in Deutschland lebt und - außer über die Berichterstattung - gar nicht so viel damit zu tun hat, verändert es die Stimmung und macht vielleicht mehr Angst, macht mehr Bedrückung insgesamt," betont Johannes Bader-Pfaff, Leiter der psychosomatischen Klinik am Marienhospital in Stuttgart.
Solche Dinge hat Michaela Glüh auch in den dunkelsten Phasen ihrer Depression erlebt. Mittlerweile hat sie gelernt, solche äußeren Ereignisse von sich fern zu halten. Krisen zum Trotz hat sie einen neuen Weg eingeschlagen und macht eine Umschulung. Jetzt steht sie kurz vor dem Abschluss: Für sie ist es ein neuer Anfang.
Selbsthilfe im Kreis Böblingen
Betroffenen, die im Kreis Böblingen nach Hilfsangeboten suchen, können schnell fündig werden: Mehr als 160 Gruppen arbeiten hier ehrenamtlich an der Bewältigung von Lebenskrisen, chronischer Erkrankungen und Behinderungen. Von A wie ADHS bis Z wie Zöliakie, ob Krebs-, Suchterkrankung, Depressionen, PostCovid, Rheuma oder Trauer um ein verstorbenes Kind: Menschen schließen sich zusammen, pflegen den persönlichen Austausch, sammeln alltagstaugliches Wissen und verarbeiten auf diese Art ihre belastende Situation.
Hilfe für ein besseres Leben
So tragen sie auch zur Verhinderung psychischer Erkrankungen bei und reduzieren die Gefahr von Selbsttötung. Selbsthilfe in Gruppen ist unabhängig von Lebensalter oder Geschlecht. Das Kontaktbüro Selbsthilfegruppen unterstützt die aktiven Gruppen, berät Menschen, die sich der Selbsthilfe anschließen möchten und begleitet die Gründung neuer Selbsthilfegruppen.