Wasserstoff statt Kohle und Heizöl

Stuttgart: Neues "hochflexibles" Gaskraftwerk ersetzt Kohlekraftwerk

Stand

Von Autor/in Luisa Bleich

Der Energieversorger EnBW nimmt in Stuttgart-Münster ein neues Gaskraftwerk in Betrieb. Es soll ab Winter das Kohlekraftwerk am Standort ersetzen. Was das für die Region bedeutet.

Nach knapp zwei Jahren Bauzeit hat die Energie Baden-Württemberg (EnBW) am Freitag symbolisch das neue Gaskraftwerk in Stuttgart-Münster in Betrieb genommen. Der kommerzielle Betrieb startet dann im Winter. Am Standort Münster war bisher nur ein Kohlekraftwerk. Aktuell laufen Kohle- und Gaskraftwerk noch im Parallelbetrieb. Das Kohlekraftwerk soll dann im nächsten Frühjahr abgeschaltet werden. Durch die Umstellung soll die Region in Zukunft mit Strom und Wärme auf Basis von klimafreundlicherem Erdgas versorgt werden. Stuttgart wäre damit eine der ersten Städte in Deutschland, die ohne Kohleenergie heizen.

Klimafreundlicher heizen: Stuttgart wird kohlefrei

240 Millionen Euro hat das neue Gaskraftwerk nach den angaben von EnBW gekostet. Es soll das Fernwärme-Netz in Stuttgart speisen. Das Stuttgarter Fernwärme-Netz ist mit rund 260 Kilometern Röhren das größte der EnBW, es reicht über Esslingen bis nach Plochingen. Laut EnBW sind rund 28.500 Wohnungen, 1.400 Firmen und 380 öffentliche Gebäude angeschlossen. Weitere Fernwärme-Netze der EnBW befinden sich in Heilbronn, Karlsruhe, Ulm und Rostock.

Die Turbine des Gaskraftwerks in Stuttgart-Münster: Durch das neue Kraftwerk soll die Region in Zukunft mit Strom und Wärme auf Basis von klimafreundlicherem Erdgas versorgt werden.
Die Turbine des Gaskraftwerks in Stuttgart-Münster: Durch das neue Kraftwerk soll die Region in Zukunft mit Strom und Wärme auf Basis von klimafreundlicherem Erdgas versorgt werden.

Die EnBW hat neben dem Werk in Stuttgart-Münster noch zwei weitere sogenannte Fuel-Switch-Projekte: Im Werk Altbach-Deizisau (Kreis Esslingen) und in Heilbronn. Nach Angaben der EnBW stellen diese Werke durch die flexible und regelbare Leistung die Energieversorgung zu jeder Tages- und Jahreszeit sicher.

Energie durch Müllverbrennung in Stuttgart-Münster

Das Gaskraftwerk in Stuttgart-Münster soll laut EnBW als Referenzprojekt für weitere Kraftwerke dieser Art dienen. Im Heizkraftwerk liegt der Schwerpunkt der Anlage auf der Verwertung von Abfällen. Zur optimalen Brennstoffausnutzung werden dabei gleichzeitig Fernwärme und Strom nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt. Der Kraftwerksstandort spielt nach Angaben der EnBW als Müllheizkraftwerk eine wichtige Rolle bei der Restmüllentsorgung in Baden-Württemberg.

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Der bisherige Brennstoff-Mix aus Steinkohle, Abfall und Erdgas, bei dem die Fernwäme quasi als Abfallprodukt der Stromerzeugung entsteht, war wenig nachhaltig. Die Umstellung von Kohle auf Gas senkt künftig den CO₂-Ausstoß, sowie weitere Schadstoffe und vermeidet den Ausstoß von Schwermetallen. Über die neue Anlage bleiben demnach trotzdem die Vorteile der Kraft-Wärme-Kopplung erhalten. Beispielsweise eine weitaus höhere Brennstoffausnutzung im Vergleich zu anderen Kraftwerkstypen.

Kohleausstieg in Deutschland bis 2038

Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2038 aus der Kohleenergie auszusteigen. Die Kohleblöcke am Standort Stuttgart-Münster hätten bis 2030 stillgelegt werden sollen. Durch die Inbetriebnahme des neuen Kraftwerks steigt die Stadt Stuttgart damit schon früher als gesetzlich festgelegt aus der Kohleenergie aus. Jedoch will Stuttgart auch bis 2035 klimaneutral sein.

Wasserstoff-fähiges Gaskraftwerk ist eines der ersten Deutschlands

Martin Körner (SPD), Direktor des Klimaschutz-Referats der Stadt Stuttgart, bezeichnet die Eröffnung des neuen Kraftwerks als wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur Klimaneutralität. Durch die neue Erdgas-Anlage reduziere die Stadt ihre Treibhausgas-Emissionen um rund 70.000 Tonnen pro Jahr, so Körner. Sollte die EnBW perspektivisch Erdgas durch Wassergas ersetzen, wäre die Anlage komplett klimaneutral.

Die Umstellung von Kohle auf Erdgas ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Klimaneutralität.

Diese Umstellung soll es in den 2030er-Jahren geben. Dann soll mit "grünem Wasserstoff" geheizt werden. Damit will die EnBW dazu beitragen, dass Baden-Württemberg bis 2040 klimaneutral wird - denn das Land hat sich wiederum 2040 als Maßgabe gesetzt.

Geplant ist, den Standort umzustellen, sobald die benötigte Versorgungsstruktur aufgebaut ist. Dann würde der Standort CO₂-frei Strom und Fernwärme produzieren. Die Gesamtanlage wird bereits ab der Inbetriebnahme in der Lage sein, einen gewissen Anteil von im Erdgas beigemischtem Wasserstoff mit zu verbrennen. Das bestehende Kraftwerk wurde 1908 in Betrieb genommen.

"Tag des offenen Kraftwerks" in Stuttgart-Münster am Sonntag

Am kommenden Sonntag können sich Bürgerinnen und Bürger ein eigenes Bild des neuen Kraftwerks machen. Am "Tag des offenen Kraftwerks" können sowohl das neue Kraftwerk als auch die Müllverbrennungsanlage besichtigt werden. Es sind Führungen und ein Rahmenprogramm geplant. Der Eintritt ist frei.

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