Im Stuttgarter Gemeinderat musste sich Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) am Donnerstagabend heftige Kritik anhören. Zahlreiche Stadträte kritisierten seine Wortwahl, nachdem er in den Tagen zuvor über den Sexismus- und Diskriminierungsstreit im Zusammenhang mit dem Stuttgarter Frühlingsfest gesagt hatte:
"Der Gemeinderat sollte keine Zensurbehörde, kein Hoher Rat der Tugend- und Sittenwächter, der Inquisitoren und Diskriminierungsfahnder werden."
Beschluss von 2020 soll nie kontrolliert worden sein
Kritisiert wurde in der Gemeinderatssitzung auch, die Stuttgarter Behörden unter Noppers Führung als Oberbürgermeister hätten es versäumt, die Schausteller-Betriebe zu kontrollieren. Denn nach einem Beschluss im Jahr 2020 sei in Verträgen mit ihnen festgehalten worden, dass sexistische, diskriminierende oder rassistische Darstellungen auf Stuttgarter Volksfesten untersagt seien. Die Diskussionen seien "emotional" verlaufen, es seien jedoch nicht alle gegen Noppers Statement gewesen, so ein Teilnehmer. Man sei am Ende zu keinem Konsens gekommen.
Das hatte Nopper außerdem gesagt:
Debatte über Wagenmotive Nach Kritik am Frühlingsfest Stuttgart: OB Nopper nimmt Schausteller in Schutz
Stuttgarter Grüne hatten Frühlingsfest-Motive als sexistisch und diskriminierend kritisiert. OB Nopper (CDU) lehnt ihre Verbots-Forderung ab. Wer setzt sich am Ende durch?
Hintergrund von Noppers Statement war die Debatte über Bilder und Statuen beim Stuttgarter Frühlingsfest, die nach Ansicht der Grünen-Fraktion teilweise sexistisch und diskriminierend sind. Sie fordert deshalb, die Stadtverwaltung müsse derartige Darstellungen künftig verbieten. Bereits nach Noppers Statement hatten die Grünen empört reagiert und dem CDU-Oberbürgermeister indirekt eine Fortbildung zum Thema Sexismus nahe gelegt.
Diese Darstellungen sind nach Ansicht der Grünen sexistisch oder diskriminierend:
Grünen-Stadträtin und Schausteller-Vertreter zeigen sich zufrieden
Stunden vor der Gemeinderatssitzung hatten am Donnerstag Vertreterinnen und Vertreter der Stuttgarter Grünen beim Frühlingsfest Stuttgart mit Schaustellerinnen und Schaustellern diskutiert. Die Gespräche seien gut und lösungsorientiert verlaufen, teilte die Grünen-Stadträtin Jitka Sklenářová im Anschluss dem SWR mit. "Wir haben ja auch gemeinsame Ziele und das konnten wir auch noch mal vertiefen. Wir wollen ja eine positive Atmosphäre für alle Menschen schaffen und einen diskriminierungsfreien Raum auf dem Fest."
Bereits am Mittwoch war Sklenářová auf dem Frühlingsfest und diskutierte mit Schaustellerin Sabine Ernst.
Auch der Vorsitzende der Schausteller in der Region Südwest Stuttgart, Mark Roschmann, zeigte sich nach dem Donnerstags-Gespräch mit der Grünen-Stadträtin zufrieden. Beide Seiten seien zu dem Ergebnis gekommen, dass nicht alles sofort änderbar sei. Kleinere Dinge, die man mit kleinerem finanziellen Aufwand ändern könnte, würden sofort gemacht. Größere Änderungen allerdings, wie eine komplette Fassadengestaltung, würden Kosten im mittleren fünfstelligen Bereich verursachen und seien daher auf keinen Fall möglich. Dafür warb er um Verständnis.
Darum kritisieren die Stuttgarter Grünen Frühlingsfest-Motive
Grünen-Gemeinderätin Petra Rühle hatte in den vergangenen Tagen im SWR-Gespräch die Kritik ihrer Fraktion erklärt und dazu gesagt: "Wir sehen bei einigen Buden das Problem, dass die Darstellungen so eindeutig sexistisch und diskriminierend sind, dass das einfach eine Problematik darstellt". Eine Abbildung komme ihrer Ansicht nach fast einem Aufruf zur Vergewaltigung gleich.
Frauen würden durch solche Bilder als Ware dargestellt, hatten die Grünen kritisiert.
Neben Sexismus- auch Diskrimierungsvorwürfe
Unter den kritisierten Motiven befanden sich viele, auf denen Menschen aus anderen Kulturen dargestellt werden - aber so, dass es nach Ansicht der Grünen diskriminierend ist, weil das zu klischeehaft sei.
Am Freitag zogen Veranstalter und Schausteller-Vertreter eine positive Bilanz des diesjährigen Stuttgarter Frühlingsfests. Schausteller seien die klaren Profiteure des Festes, teilte die Veranstaltungsgesellschaft "in.Stuttgart" mit: Erstmals hätten sich vor den Fahrgeschäften bis zu 40 Meter lange Schlangen gebildet. Die Polizei teilte außerdem mit, es seien 60 Prozent weniger festgestellte Straftaten und Ordnungswidrigkeiten erfasst worden. In diesem Jahr fand das Volksfest wegen der Corona-Pandemie ohne große Festzelte statt. Es wird deshalb von manchen auch als "Frühlingsfest 'light'" bezeichnet und dauert noch bis einschließlich Sonntag.