Die baden-württembergische Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) hält nichts von der Idee, Text-Roboter wie ChatGPT an Schulen kategorisch zu verbieten. "Wir werden nicht mehr sagen können, wir bauen da Mauern und die Türe geht zu, um das aus den Schulen herauszuhalten", sagte Schopper auf der Bildungsmesse Didacta der Deutschen Presseagentur.
Vielmehr müsse man mit technischen Entwicklungen wie der Künstlichen Intelligenz vernünftig umgehen. "Jede gesellschaftliche Neuerung schlägt an Schulen auf, weil Kinder und Jugendliche dort einen großen Teil ihres Tages verbringen, ihre Fragen mitbringen und auch Antworten haben wollen", so Schopper.
Riskant oder nützlich? Künstliche Intelligenz: ChatGPT bei Schülern in BW stark gefragt
Die auf Künstlicher Intelligenz basierende Software ChatGPT verbreitet sich in rasantem Tempo - auch unter Schülerinnen und Schülern in BW. Ein Verbot ist jedoch keine Lösung, meinen Experten.
Schopper: Bei Taschenrechner anfangs auch Bedenken
Auch der Taschenrechner habe einen schweren Stand gehabt, als er Einzug in die Klassenzimmer hielt, sagte die Kultusministerin. "Damals hat man behauptet, Kinder könnten dann nicht mehr Kopfrechnen. Und dann hat der Taschenrechner die mathematische Welt im Schulalltag verändert." Ähnlich werde sich das bei den Instrumenten der Künstlichen Intelligenz entwickeln, die aus Sicht Schoppers auch Vorteile für die Arbeitswelt der Lehrenden haben kann.
Schopper kam zur Eröffnung der Bildungsmesse Didacta. Bei der Messe präsentieren rund 730 Ausstellerinnen und Aussteller aus 62 Ländern von Dienstag bis Samstag in fünf Hallen der Stuttgarter Messe ihre Angebote, beispielsweise Lehrmaterialien und Lernspielzeuge. Dazu gibt es ein buntes Rahmenprogramm von alternativen Kinderliedern über Virtual Reality und Lernroboter bis hin zu Ansätzen für mehr und bessere Medienkompetenz.
Auch die ARD, deren Vorsitz der SWR derzeit inne hat, ist zusammen mit ZDF und Deutschlandradio auf der Messe vertreten. Unter anderem kann man am Stand spielerisch testen, wie man Fake News erkennt. Denn ein souveräner Umgang mit Medien sei in der heutigen Nachrichtenflut wichtiger denn je, heißt es beim SWR. Auch Bildungsinstitutionen und -ministerien präsentieren sich.
Kernthemen frühe Bildung, Schule und berufliche Bildung
Die Didacta ist in drei Themenbereiche gegliedert: frühe Bildung, Schule und berufliche Bildung. Rund 1.300 Punkte stehen in den fünf Tagen der Bildungsmesse auf dem Programm. Dabei gibt es vier Schwerpunktthemen: Digitalisierung, Fachkräftemangel, psychische Gesundheit und Bildung für nachhaltige Entwicklung.
Beim Thema Digitalisierung soll es vor allem darum gehen, wie nach der Corona-Pandemie als Treiber der Digitalisierung von Schulen weiter mit den Herausforderungen umgegangen werden kann. Dabei spielen beispielsweise auch technische Infrastruktur und Ausstattung von Schulen eine große Rolle.
Wie wollen wir lernen? Aktuelle Fragen zur Bildung
Eng verknüpft sind die Auswirkungen der Corona-Pandemie mit dem Thema "psychische Gesundheit". Kinder in Kitas, Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte, Pädagoginnen und Pädagogen - wie können sich alle wohl fühlen? Und wie können für das tägliche Lernen Strategien der Selbstkompetenz und Resilienz erlernt und integriert werden? Auf diese Frage versucht die Didacta Ansätze und Antworten zu finden. Dabei wird es auch um den Umgang mit geflüchteten Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine gehen, die oftmals vom Krieg traumatisiert sind. Mehr als 29.000 werden seit Kriegsbeginn allein an baden-württembergischen Schulen unterrichtet.
Bei der Frage, wie wir in Zukunft lernen und leben wollen, spielt das Thema Nachhaltigkeit eine große Rolle. Bei den Angeboten und Programmpunkten vorwiegend in Halle 7 soll es darum gehen, wie Nachhaltigkeit auch in die verschiedenen Bereiche der Bildung integriert und für den Unterricht - nicht nur im Fach Biologie - aufbereitet werden kann.
GEW sieht Schulen nicht gut auf die Zukunft vorbereitet
Top-Thema bei der diesjährigen Didacta wird sicherlich der Fachkräftemangel sein. Viele Ausfälle, unbesetzte Stellen, Vertretungen - die Bereiche Bildung und Erziehung sind hier besonders betroffen. Die ebenfalls auf der Messe ausstellende Lehrer-Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft GEW in Baden-Württemberg hat zu Beginn der Didacta Alarm geschlagen: Die 4.500 Schulen in Baden-Württemberg seien nicht auf die Herausforderungen der nächsten Jahre vorbereitet und nicht in der Lage, ausreichend Fachkräfte auszubilden.
Auch Erzieherinnen und Erzieher fehlen: Laut einer Prognose der Bertelsmann-Stiftung von 2021 fehlen für eine kindgerechte Personalausstattung bei gleichzeitigem Kitaplatzausbau bis 2030 bundesweit mehr als 230.000 Erzieherinnen und Erzieher, aktuell seien es 17.000. Zuvor hatte auch schon der Verband Bildung und Erziehung (VBE) gewarnt, dass mehr Geld in die Kitas fließen müsse.