Seit Jahren sind im Rettungsdienst die Personalengpässe groß. Corona und die Urlaubszeit verschärfen das zusätzlich. Dazu kommt: Manche Corona-Infizierte sind mittlerweile deutlich länger in Quarantäne als früher. "Während wir früher von zehn Tagen ausgegangen sind, hatten wir jetzt schon Einzelfälle, da waren Mitarbeitende 20 Tage in Quarantäne. Das macht die Situation derzeit so schwer und wir sehen auch noch kein Licht am Horizont", erklärt Marcus Schauer vom Landesverband des Deutschen Roten Kreuzes (DRK).

Damit möglichst viele Rettungswagen einsatzfähig sind, dürfen daher noch bis Ende Oktober auch Auszubildende als vollwertiges Besatzungsmitglied fahren. Das Ganze ist eine zeitlich begrenzte Sonderregelung, die das baden-württembergische Innenministerium auf Initiative der Rettungsdienste ermöglicht hat.
Wer darf einen Rettungswagen fahren?
Üblicherweise besteht ein Einsatzteam aus einem Notfallsanitäter, der den Einsatz leitet, und einem Rettungssanitäter. Aufgabe eines Rettungssanitäters ist es unter anderem, den Wagen zu steuern und dem Notfallsanitäter zuzuarbeiten. Und manchmal sind dann auch noch Azubis dabei, aber üblicherweise zum Lernen und als Helfer.
Mit der zeitlich befristeten Sonderregelung dürfen nun aber auch qualifizierte Azubis Aufgaben des Rettungssanitäters übernehmen. Die Voraussetzungen: Die Azubis machen derzeit eine Ausbildung zum Notfallsanitäter, sind freiwillig zum Einsatz auf dem Rettungswagen bereit und haben schon aus früheren Zeiten den Schein als Rettungssanitäter oder sind zumindest am Ende des zweiten Lehrjahres.
Auszubildender: "Finde mehr Verantwortung gut"
Jonas Frischknecht macht derzeit die Ausbildung zum Notfall-Sanitäter beim DRK Ludwigsburg. Er fuhr früher schon Rettungsdienst, hatte seine Berechtigung dafür in einem Freiwilligen Sozialen Jahr erworben. Er findet es gut, dass Azubis mit Erfahrung mehr Verantwortung übernehmen sollen und können. Und es kommt derzeit gar nicht so selten vor, dass er gebraucht wird.
"Diese Woche sind zwei Tage geplant, letzte Woche war es ein bisschen öfter, weil viel Personal ausgefallen ist."

Verhaltene Kritik der Gewerkschaft ver.di
Die Gewerkschaft ver.di übt, wenn auch eher verhalten, Kritik an der Sonderregelung. Sie sieht vor allem die Gefahr, dass darunter die Ausbildung leiden könnte, wenn Azubis als vollwertige Besatzungsmitglieder eingesetzt werden würden. Man hätte früher reagieren und zumindest versuchen müssen, mehr ausgebildetes Personal zu finden und einzustellen.
"Hätte man im Vorfeld mehr Menschen eingestellt, wären wir vermutlich nicht in dieser Situation."

Die Übergangsregelung in Baden-Württemberg soll zunächst bis Ende Oktober gelten. Das Deutsche Rote Kreuz zumindest schließt gegenüber dem SWR einen Antrag auf Verlängerung der Sonderregelungen nicht aus.