Mittels eines kleinen Roboters, eines Avatars, kann die leukämiekranke PJ am Schulunterricht teilnehmen. (Foto: SWR)

Der Avatar macht´s möglich

Mit neuer Roboter-Technik nimmt leukämiekranke Viertklässlerin am Schulunterricht in Stuttgart teil

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Die Viertklässlerin "PJ" kann nicht in die Schule gehen, sie ist schwer krank. Um aber dennoch am Unterricht teilnehmen zu können, sitzt nun ein Avatar für sie im Klassenraum.

Seit Juni 2021 lebt PJ - das ist ihr Spitzname - isoliert und kann deshalb nicht in die Schule kommen. Die Infektionsgefahr ist zu hoch. Die Schülerin der Merkurklasse der Galileo Grundschule nimmt als erstes Stuttgarter Kind per Avatar - einem Roboter - am Unterricht teil. Der Roboter leiht den jungen Patienten Ohren und Augen. Mit dessen Hilfe kann PJ sogar die Blickrichtung der Kamera verändern, sich über ein Leuchtsignal melden und ihre Stimmung zeigen.

Teilhabe am Unterricht für schwer kranke Kinder dauerhaft schwierig

Präsenzunterricht und der Kontakt mit Klassenkameraden und Lehrern hat Schülern in Coronazeiten gefehlt, ebenso der Kontakt zu Lehrern und Mitschülern. Schwer kranke Kinder aber erleben das dauerhaft. Sie sind an ihr Zuhause gefesselt, haben nicht die Möglichkeit, am normalen Unterricht teilzunehmen.

Ihre Klassenkameraden und ihre Lehrerin fühlten sich zuerst beobachtet, sagen sie. Mittlerweile ist PJs Avatar jedoch für sie Normalität. Lehrerin Anja Härterich versucht, mit PJ so umzugehen wie mit den anderen Kindern.

"Wenn es Dinge zum Vorlesen gibt oder wenn sie Aufgaben erledigen müssen, dann nehme ich sie ganz normal dran. PJ meldet sich eben am Kopf oben am Avatar und wenn sie dann etwas sagen würde, dann nehme ich sie einfach dran."

Die leukämiekranke PJ blickt mit ihrer Mutter von zuhause über ihren Avatar während des Unterrichts ins Klassenzimmer. (Foto: SWR)
Die leukämiekranke PJ blickt mit ihrer Mutter von zuhause über ihren Avatar während des Unterrichts ins Klassenzimmer.

Vor elf Monaten erhielt PJ die Diagnose Leukämie. Sie bekommt Chemotherapie, kämpft gegen den Krebs. Schule ist in ihrem Leben ein wichtiger Bestandteil. Ohne den Avatar wäre aber Schule wegen ihres geschwächten Immunsystems kaum möglich. Ihre Mutter freut sich darüber, weil es ein Stück Normalität bedeutet.

"Man kann nicht sagen, heute habe ich keinen Bock, sondern man macht das halt. Und das fordert einfach auch das normale Leben, das man auch will."

Ein normales Leben trotz Krebs. Den Wunsch haben viele Eltern für ihre Kinder. Doch PJs Mutter Susannah Michalik musste sehr für den Avatar kämpfen.

Der Avatar im Klassenzimmer beschert Probleme mit dem Datenschutz

Denn das Problem beim Einsatz eines Avatars ist der Datenschutz. Wenn alle freiwillig mitmachen, dann sei es gar kein Problem, den Roboter einzusetzen, sagt PJs Mutter. Es werde nur in dem Moment schwer, wenn einer "Nein" dazu sagt und auf die Datenschutzfreigabe des Landes wartet. Das Land kann nach eigenen Angaben den Avatar aus Datenschutzgründen nicht offiziell genehmigen oder gar selbst betreiben.

"Nach unseren kursorischen - technischen Messungen verwendet das Produkt Komponenten, die grundsätzlich Daten an Facebook und Google übermitteln. In den Datenschutzinformationen werden jedoch keine solchen Übermittlungen genannt."

Der Hersteller müsse dort für Klarheit sorgen, heißt es vom Ministerium. Der Hersteller äußert sich gegenüber dem SWR und betont in den kommenden Wochen Stellung zu den Fragen des Landes nehmen zu wollen. Ob das ein Schritt in Richtung offizieller Freigabe für einen Avatar ist, bleibt offen.

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SWR