Auf dem Campus der Universität Stuttgart in Vaihingen ist am Dienstag das erste sogenannte adaptive Hochhaus der Welt vorgestellt worden. Adaptiv, also anpassungsfähig, heißt es, weil es sich an wechselnde Windverhältnisse oder auch Erdbeben anpassen kann. Möglich wird das durch computergesteuerte Hydraulikzylinder im Stahlskelett des Gebäudes. Diese können sich wie menschliche Muskeln beispielsweise gegen den Winddruck stemmen. Es ist sozusagen ein "Hochhaus mit Muskeln".
"Hochhaus mit Muskeln" ist Teil der IBA 2027
Das neuartige Hochhaus ist am Institut für Leichtbau und Entwerfen der Universität Stuttgart entwickelt worden. Es wird auch Teil der Internationalen Bauausstellung sein, die im Jahr 2027 Interessierte aus aller Welt in die Region Stuttgart locken soll. Das Gebäude besteht aus dem rund 37 Meter hohen, zwölfgeschossigen turmartigen Hochhaus und einem danebenstehenden konventionellen Treppenhaus. Der Komplex ist außerdem in extremer Leichtbauweise erstellt worden und zu 100 Prozent sortenrein recycelbar. Das Gebäude verbraucht dadurch nach Angaben der Universität Stuttgart rund 50 Prozent weniger Material im Vergleich zu konventionellen Bauten. Die Decken und Fassaden sind in Holzbauweise gefertigt.
Lob von Ministerin Bauer
Die baden-württembergische Wissenschaftsministerin Theresia Bauer zeigte sich anlässlich der Einweihung beeindruckt von dem Projekt. Die Grünen-Politikerin lobte den Fortschritt in der Ressourceneinsparung und in der Energieeffizienz im Bauwesen. „Wir können zurecht stolz darauf sein, auf die dafür notwendige Expertise in der Wissenschaft hier vor Ort in Stuttgart zurückgreifen zu können“, so die Ministerin in einer Pressemitteilung.

Stuttgarter Hochhaus arbeitet mit Hydraulik-Zylindern
Weltweit einmalig, so die Universität Stuttgart, sind vor allem die 24 Hydraulik-Zylinder, wie man sie ähnlich auch von Baggern oder Muldenkippern kennt. Sie sind in das Stahlgerüst des Hauses eingebaut worden und können einen Druck erzeugen, der dem Gewicht von rund 30 Tonnen entspricht. An rund 130 Stellen sind Sensoren eingebaut, die mit Hilfe einer ausgeklügelten Steuerungstechnik aktiv und in Echtzeit auf Belastungen des Hauses reagieren sollen. Dadurch sollen sich aufschaukelnde Schwingungen, einseitige Belastungen und letztlich das Einstürzen des Gebäudes verhindert werden. Bisher mussten Bauwerke statt mit leichter Technik immer mit viel Baumaterial gegen äußere Einflüsse geschützt werden.
Maschinenbauer und Architekten gemeinsam
Am adaptiven Hochhaus haben Architekten mit Wissenschaftlern aus dem Maschinenbau, der Luftfahrttechnik und aus der Regelungstechnik zusammengearbeitet. Der für Wissens- und Technologietransfer der Universität Stuttgart zuständige Prorektor, Peter Middendorf, lobte in diesem Zusammenhang das adaptive Hochhaus als "Ergebnis exzellenter Forschung und sichtbares Zeichen der engen interdisziplinären Zusammenarbeit an der Universität Stuttgart".