Die Gedenkstätte in Stuttgart-Nord zur Deportation von Juden im Jahr 1942 (Foto: Stefan Frerich)

Schüler schärfen Wissen und Standpunkte

Gedenken: 80 Jahre nach der Juden-Deportation aus Stuttgart

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Am 1. Dezember jährt sich zum 80. Mal der Beginn der Deportationen jüdischer Menschen aus Stuttgart. Auch Schüler gedenken an diesem Tag dem Start des Holocausts der Juden in Württemberg.

Am 1. Dezember 1941 verließ der erste Deportationszug den Stuttgarter Nordbahnhof: Das Ziel war Riga in Lettland. Die Jüdinnen und Juden waren zuvor in einem Sammellager auf dem Killesberg zusammengefasst worden. Von hier aus wurden die Menschen in das Konzentrationslager Jungfernhof deportiert. Für die meisten bedeutete der Transport den Tod. Weitere Deportationen nach Izbica, Auschwitz und Theresienstadt folgten.

Mehr als 2.500 Menschen mit Zügen aus Stuttgart deportiert

Im Februar 1945 fuhr der letzte Deportationszug vom Stuttgarter Hauptbahnhof ab. Insgesamt wurden mehr als 2.500 Männer, Frauen und Kinder aus Württemberg und Hohenzollern verschleppt. Nur eine geringe Zahl von ihnen überlebte die nationalsozialistische Vernichtungspolitik. Lediglich 180 Juden und Jüdinnen kehrten zurück.

Die Kursstufe des Stuttgarter Wirttemberg-Gymnasiums besucht die Gedenkstätte "Hotel Silber". (Foto: SWR, Martina Klein)
Die Kursstufe des Stuttgarter Wirttemberg-Gymnasiums besucht die Gedenkstätte "Hotel Silber".

Gedenkfeier am Killesberg soll an die Opfer erinnern

In einer Gedenkfeier am Killesberg haben am Mittwoch neben Repräsentanten der Israeltischen Religionsgemeinde Württemberg (IRGW) und der Landeshauptstadt auch Stuttgarter Schüler und Schülerinnen teilgenommen - coronabedingt in kleinem Kreis.

"Man denkt immer, Hitler war in Berlin oder in München. Aber wenn man dann sieht, das hätte auch mein Nachbar in Stuttgart theoretisch sein können, (…) dann wird einem bewusst, dass es auch hier in Stuttgart stattgefunden hat, vielleicht auch in der eigenen Familie, und dass es nicht irgendwo war, sondern hier bei uns."

Gedenkort in Stuttgart soll beim Begreifen der Vergangenheit helfen

Schüler und Schülerinnen des Wirttemberg-Gymnasiums nahmen an der Gedenkfeier teil. Sie hatten Biografien von Deportierten vorgelesen und hatten Plakate und Steine mit Friedenssymbolen und Sprüchen unter dem Motto "Nie wieder" gestaltet. Zu ihrer Unterrichtseinheit zum Thema Nationalsozialismus gehörte auch der Besuch des Hotels Silber in der Stuttgarter Innenstadt, der ehemaligen Gestapo-Zentrale für Württemberg, das in Nazi-Zeiten der Stuttgarter Polizei auch als Hauptquartier diente.

Für viele Schüler ist das Thema Judendeportation in weite Ferne gerückt. "Für uns heute ist das überhaupt nicht mehr greifbar", heißt es aus der Schülerschaft.

"Es ist vor allem wichtig zu wissen, was passiert ist und auch die Fakten zu kennen - und wie das alles überhaupt passieren konnte. Und um sich eine Meinung bilden zu können und ein gutes Fundament für diese Meinung zu haben. Gerade in unseren jetzigen Zeiten. Auch mit dieser ganzen Corona-Sache ist es gar nicht so schwer. In den rechten Bereich abzurutschen - und das brauchen wir echt heute nicht noch einmal."

Karlsruhe

Online-Projekt gegen das Vergessen Karlsruhe: Datenbank zeigt Schicksale von deportierten Juden

Eine neue Datenbank dokumentiert die Verschleppung der südwestdeutschen Juden ins französische Gurs. Das Projekt des baden-württembergischen Generallandesarchivs in Karlsruhe geht am Donnerstag online.

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SWR