Am 1. Dezember 1941 verließ der erste Deportationszug den Stuttgarter Nordbahnhof: Das Ziel war Riga in Lettland. Die Jüdinnen und Juden waren zuvor in einem Sammellager auf dem Killesberg zusammengefasst worden. Von hier aus wurden die Menschen in das Konzentrationslager Jungfernhof deportiert. Für die meisten bedeutete der Transport den Tod. Weitere Deportationen nach Izbica, Auschwitz und Theresienstadt folgten.
Mehr als 2.500 Menschen mit Zügen aus Stuttgart deportiert
Im Februar 1945 fuhr der letzte Deportationszug vom Stuttgarter Hauptbahnhof ab. Insgesamt wurden mehr als 2.500 Männer, Frauen und Kinder aus Württemberg und Hohenzollern verschleppt. Nur eine geringe Zahl von ihnen überlebte die nationalsozialistische Vernichtungspolitik. Lediglich 180 Juden und Jüdinnen kehrten zurück.

Gedenkfeier am Killesberg soll an die Opfer erinnern
In einer Gedenkfeier am Killesberg haben am Mittwoch neben Repräsentanten der Israeltischen Religionsgemeinde Württemberg (IRGW) und der Landeshauptstadt auch Stuttgarter Schüler und Schülerinnen teilgenommen - coronabedingt in kleinem Kreis.
"Man denkt immer, Hitler war in Berlin oder in München. Aber wenn man dann sieht, das hätte auch mein Nachbar in Stuttgart theoretisch sein können, (…) dann wird einem bewusst, dass es auch hier in Stuttgart stattgefunden hat, vielleicht auch in der eigenen Familie, und dass es nicht irgendwo war, sondern hier bei uns."
Gedenkort in Stuttgart soll beim Begreifen der Vergangenheit helfen
Schüler und Schülerinnen des Wirttemberg-Gymnasiums nahmen an der Gedenkfeier teil. Sie hatten Biografien von Deportierten vorgelesen und hatten Plakate und Steine mit Friedenssymbolen und Sprüchen unter dem Motto "Nie wieder" gestaltet. Zu ihrer Unterrichtseinheit zum Thema Nationalsozialismus gehörte auch der Besuch des Hotels Silber in der Stuttgarter Innenstadt, der ehemaligen Gestapo-Zentrale für Württemberg, das in Nazi-Zeiten der Stuttgarter Polizei auch als Hauptquartier diente.

Für viele Schüler ist das Thema Judendeportation in weite Ferne gerückt. "Für uns heute ist das überhaupt nicht mehr greifbar", heißt es aus der Schülerschaft.
"Es ist vor allem wichtig zu wissen, was passiert ist und auch die Fakten zu kennen - und wie das alles überhaupt passieren konnte. Und um sich eine Meinung bilden zu können und ein gutes Fundament für diese Meinung zu haben. Gerade in unseren jetzigen Zeiten. Auch mit dieser ganzen Corona-Sache ist es gar nicht so schwer. In den rechten Bereich abzurutschen - und das brauchen wir echt heute nicht noch einmal."