Das baden-württembergische Wirtschaftsministerium will die Entwicklung einer "Husten-App" zur Bestimmung von Corona-Infektionen mit knapp zwei Millionen Euro fördern. Das zuständige Referat im Ministerium hatte allerdings ursprünglich davon abgeraten.
US-Forscher hatten bereits im vergangenen Jahr Künstliche Intelligenz (KI) darauf trainiert, Covid-19-Infizierte, die sonst keine Symptome aufwiesen, anhand ihres Hustens zu erkennen. Das Projekt der Hochschule Reutlingen will diese Erkenntnisse zur Entwicklung einer speziellen App nutzen. Damit sollen Menschen in ihr Smartphone husten und am Klang des Hustens erkennen können, ob sie mit dem Coronavirus infiziert sind, auch wenn sie (noch) keine Symptome haben.
Wirtschaftsministerium zunächst skeptisch
In einem Vermerk des zuständigen Fachreferats im Wirtschaftsministerium, der dem SWR vorliegt, wurde Ende April allerdings von der Förderung in Höhe von 1,8 Millionen Euro abgeraten. Begründung: Eine Marktreife sei nicht absehbar, außerdem seien ähnliche Projekte - wie die "Husten-App" des Massachussetts Instituts of Technology (MIT) im US-amerikanischen Boston - bereits weiter.
Trotzdem wurde das Fördergeld jetzt zugesagt. Die oppositonelle FDP im baden-württembergischen Landtag stellte deshalb eine parlamentarische Anfrage an die Landesregierung.
Ziel ist die breite Anwendung von KI in der Medizin
Gegenüber dem SWR räumt das Wirtschaftsministerium ein, dass es zunächst die kritische Bewertung gegeben habe. Dann habe man aber noch einmal mit den Projektverantwortlichen der Hochschule Reutlingen gesprochen. Deren Ziel sei es, die Plattform für die "Husten-App" zu einer Basis für die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten von Künstlicher Intelligenz in der Medizintechnik weiterzuentwickeln. Unter diesen Bedingungen sehe das Ministerium großes Potential der App für die Gesundheitswirtschaft in Baden-Württemberg. Dieses Projekt könne neue Erkenntnisse für die praktische Anwendung in der Medizintechnik liefern.
FDP kritisiert Vergabe von Fördergeld
Die FDP vermutet allerdings einen anderen Hintergrund. Die Gespräche über die Förderung seien während der Koalitionsverhandlungen von Grünen und CDU geführt worden. Für die FDP dränge sich deshalb der Eindruck auf, dass Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) das Geld zugesagt habe, um sich kurz vor Ende dieser Verhandlungen an der Regierung zu halten. Das sagte der Tuttlinger Landtagsabgeordnete Niko Reith dem SWR.