Nach SPD-Mitgliederentscheid

BW-Juso-Chef: Große Zustimmung zum Koalitionsvertrag ist kein Freifahrtschein

Stand

Von Autor/in Hannes Köhle

Die SPD-Mitglieder haben mit deutlicher Mehrheit dem Koalitionsvertrag von Union und SPD zugestimmt. Die baden-württembergischen Jusos sehen den Vertrag kritisch.

Knapp 85 Prozent der SPD-Mitglieder haben am Mittwoch dem Koalitionsvertrag zugestimmt. Mit dem Mitgliederentscheid hat die künftige schwarz-rote Regierung aus Union und SPD nun die letzte Hürde genommen. Die Jusos in Baden-Württemberg können sich gar nicht darüber freuen. Ein Besuch vor Ort am Tag der Entscheidung.

Juso-Chef spricht von "CDU-Gruselkabinett"

Während im Willy-Brandt-Haus in Berlin die SPD-Parteispitze freudig das Ergebnis der Abstimmung verkündet, gibt es bei den Jusos in Tübingen lange Gesichter. Gemeinsam schauen sie den Livestream mit der Eilmeldung des Ergebnisses. Mit am Tisch sitzt Daniel Krusic, Vorsitzender der Jusos in Baden-Württemberg. Ihm fällt nur ein Wort ein: "Scheiße! 84 Prozent sind mehr als ich gedacht hatte."

Die Parteispitze habe zu viel Druck gemacht. "Aber es war nirgendwo ausgemacht, dass danach die Verhandlungen platzen, es war nirgendwo ausgemacht, dass die AfD damit an die Regierung kommt", sagt Krusic. Die Jusos würden sich an die demokratische Mehrheit halten aber die große Zustimmung sei laut dem Juso-Vorsitzenden jedoch kein Freifahrtschein: "Wir sind der Stachel im Fleisch dieser Regierung". Das "Gruselkabinett der CDU" werde man nicht einfach walten lassen. Auch Juso-Mitglied Diana Wertmann ist nicht begeistert: "Wir sind die Partei, die einen konservativen Mann zum Kanzler macht, das fühlt sich nicht gut an".

SPD-Jugendorganisation pocht auf soziale Aspekte

Kritikpunkte der Jusos sind neben der geplanten Abkehr vom Bürgergeld eine fehlende Vermögenssteuer sowie eine Reform der Erbschaftssteuer. Dass es keinen Mindestlohn von 15 Euro geben soll, werde man nicht hinnehmen.

Der aktuelle Koalitionsvertrag hat mit rund 85 Prozent mehr Zustimmung bekommen als bei der Abstimmung 2018. Damals waren nur rund 66 Prozent der SPD-Basis für eine Koalition mit der Union. Bereits damals führten die Jusos die Kampagne gegen eine Koalition mit CDU und CSU an. Vor allem der damalige Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert trieb seine Parteispitze vor sich her.

SPD-Landesvorsitzender Stoch spricht von großem Vertrauensbeweis

Für den SPD-Landesvorsitzenden Andreas Stoch ist das Ergebnis hingegen ein "starkes Signal und ein großer Vertrauensbeweis". Im Interview mit dem SWR sagte er: "Viele in der Partei haben offensichtlich verstanden, dass es jetzt um die Zukunft unseres Landes geht und dass die SPD ein wichtiger Teil dieser neuen Bundesregierung sein sollte". Kritiker müssten anerkennen, dass hier ein ordentlicher Koalitionsvertrag, ein gutes Verhandlungsergebnis vorliege, so Stoch. Es gehe jetzt um entscheidende Weichenstellungen. "Wir müssen den Menschen in einer sehr schwierigen Weltlage auch in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage das Vertrauen geben, dass diese Regierung dieses Land gut durch diese schwierige Zeit führt", sagte Stoch. Besonders wichtig sei es, den Wirtschaftsstandort zu stärken und Arbeitsplätze zu sichern.

In Tübingen ist auch Heinrich Riethmüller zum Juso-Treffen gekommen. Der 69-Jährige hat Verständnis für die SPD-Jugend, sagt aber: "Eine Ablehnung wäre eine Katastrophe gewesen. Es beweist sich mal wieder, dass die SPD staatspolitisch doch das macht, was nötig ist."

Mannheimer SPD: Positiv, aber nicht euphorisch

Der Kreisvorstand der SPD Mannheim, Dr. Stefan Fulst-Blei, hält das Ergebnis zum Koalitionsvertrag für "sehr ehrlich". Gegenüber dem SWR sagte er, man würde jetzt nicht im großen, euphorischen Überschwang in diese Koalition gehen, dennoch habe man auch von der Basis in Mannheim die Rückmeldung bekommen, dass es jetzt schnell eine handlungsfähige Regierung brauche. Auch mit Blick auf die politische Situation in Europa sieht Fulst-Blei es positiv, dass die SPD-Mitglieder ihr Ja gegeben haben.

Europa muss jetzt stark handlungsfähig sein. Wir haben einen Kriminellen in Moskau und einen ehrlich gesagt Verrückten in Washington sitzen und da müssen wir einfach auch handeln können.

Für die SPD sieht er dennoch viel Arbeit - gerade unter einer CDU-geführten Kanzlerschaft müsse die Partei Präsenz zeigen. "Da ist für mich das Thema Mindestlohn ganz zentral, aber auch generell darauf zu achten, dass Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerrechte nicht unter die Räder kommen", so Fulst-Blei. "Da habe ich an meine Partei die Erwartung, dass man dabei klare Kante zeigt."

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