Angesichts der steigenden Zahl geflüchteter Menschen sollten die Chancen auf ein Bleiberecht aus Sicht der SPD-Fraktion im BW-Landtag schon vor der Verteilung aus den Landeserstaufnahmeeinrichtungen (LEA) auf die Kommunen geklärt werden. In dieser Vorprüfung könnten die Erfolgsaussichten von Asylbegehren schon nach kurzer Zeit ein erstes Mal rechtlich eingeschätzt und die Prognose an die Landesbehörden weitergegeben werden, sagte der baden-württembergische SPD-Fraktionschef Andreas Stoch und ergänzte: "Das könnte eine Prognose sein, ein Zwischenfilter und keine Entscheidung."
SPD spricht sich für "Zwischenfilter" aus
Ziel eines solchen Verfahrens sei es, früher und besser entscheiden zu können, ob die Menschen in eine Anschlussunterbringung kommen oder nicht. "Das ist nicht die Vorwegnahme einer Entscheidung", betonte Stoch. "Aber wir glauben, wir brauchen so eine Art Zwischenfilter."
In einem Positionspapier, das die SPD-Fraktion auf ihrer Klausurtagung in Münsingen (Kreis Reutlingen) beschlossen hat, heißt es zudem: "Die Pufferfunktion der LEAs, die eine wichtige Entlastung für die Kommunen darstellt, muss gestärkt werden." Eine solche Sortierung käme aus Sicht der SPD der Verwaltung entgegen und würde das Verfahren beschleunigen. Am Ende könne dann auch eine Abschiebung leichter organisiert werden, als wenn Menschen zwei, drei Jahre blieben, obwohl ein negativer Bescheid absehbar ist, sagte Stoch. Für die Prognose müsste aber das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hinzugezogen werden.
SPD spricht sich für Ausweitung des LEAs aus
Betroffen wären nach Angaben der SPD vor allem Menschen aus Herkunftsstaaten mit einer Schutzquote, also einem Anteil von positiv gewerteten Bleibeanträgen, von unter fünf Prozent. Im vergangenen Jahr wären laut Partei rund 3.800 der insgesamt 25.562 in Baden-Württemberg gestellten Erstanträge für solch ein Vorverfahren in Frage gekommen. Voraussetzung sei aber, dass mehr LEAs im Land eingerichtet, die Einrichtungen vergrößert und auch besser ausgestattet würden, sagte der SPD-Partei- und Fraktionsvorsitzende. "Wer jetzt zaudert, riskiert einen Kollaps", warnte Stoch.
Flüchtlingsrat lehnt Idee der SPD-Fraktion ab
Der Flüchtlingsrat ist von der Idee der Oppositionspartei wenig begeistert und äußert Kritik: "Die Vorsortierung von Asylsuchenden nach ihrer Bleibeperspektive entwertet das Asylverfahren und teilt Menschen willkürlich in 'gute' und 'schlechte' Geflüchtete ein", sagte die Co-Geschäftsführerin des baden-württembergischen Vereins, Anja Bartel. Menschen dürfe die Legitimität ihrer Fluchtgründe und ihre Schutzbedürftigkeit nicht pauschal abgesprochen werden. Die Forderung, bestimmte Asylsuchende nicht mehr auf Landkreise und Kommunen zu verteilen, sei zudem "von erschreckender Kurzsichtigkeit geprägt", sagte Bartel. "Es ist allgemein bekannt, dass die Teilhabemöglichkeiten geflüchteter Menschen in den Landeserstaufnahmeeinrichtungen stark eingeschränkt sind."
Zuletzt Diskussionen um Ausländerbehörde in Stuttgart
Die Debatte um überlastete Migrationsbehörden im Land wurde zuletzt durch die Zustände der Behörde in Stuttgart angeheizt. Hier standen Menschen teilweise in langen Schlangen, mussten stundenlang warten und teilweise nachts campieren, um einen Termin zu erhalten. Die Stuttgarter Landtagsabgeordnete und baden-württembergische Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) äußerte sich daraufhin am Dienstag auf X (vormals Twitter) zu den Zuständen und sprach von einer Schande für die Stadt Stuttgart.
"Schimpfen hilft nicht weiter" Chaos bei Ausländerbehörde: Stadt Stuttgart kontert Aras-Kritik
Der Frust um die Zustände in der Stuttgarter Ausländerbehörde beschäftigt auch Muhterem Aras (Grüne). Die Stadtverwaltung spielt nun den Ball zurück und kündigt weitere Schritte an.
Die SPD fordert auch aus diesem Grund die Schaffung eines zentralen Landeseinwanderungsamts. Damit soll die Personalpolitik zentralisiert werden, heißt es im Entwurf für ein Positionspapier. Die Außenstellen des Einwanderungsamts sollen dabei die bisherigen unteren Ausländerbehörden ersetzen.