In Baden-Württemberg sollen im Laufe der kommenden Woche Corona-Booster-Impfungen mit den angepassten Wirkstoffen möglich sein. Das teilte das Sozialministerium dem SWR mit. Die ersten Dosen des Impfstoffes, der an Omikron angepasst ist, könnten am kommenden Donnerstag oder Freitag ausgeliefert werden.
Impfstoff kommt über Großhandel an Arztpraxen
Doch zunächst müssen die Apotheken die Impfstoffe über den Großhandel bestellen und an die Praxen weitergeben. Dafür haben sie bis kommenden Dienstag Zeit. Wegen der zeitlichen Unterschiede bei den Bestellungen sei es möglich, dass die Impfdosen in einer Praxis früher ankämen als in einer anderen, teilte ein Sprecher des Sozialministeriums mit. Er riet Impfwilligen, sie sollten einfach bei ihrer Praxis nachfragen.
Das Bundesgesundheitsministerium erwartet in den nächsten beiden Wochen rund 14 Millionen Dosen des angepassten Impfstoffs. Baden-Württemberg wird laut Ministerium anteilig rund 1,3 Millionen Dosen des Impfstoffes von BioNTech/Pfizer sowie 523.900 Dosen des Herstellers Moderna erhalten. Die reguläre Belieferung soll am 12. September erfolgen.
Neue Omikron-Impfstoffe Hausärzte in BW kritisieren Bundesregierung
Kommt die Info-Kampagne des Bundes über die neuen Corona-Impfstoffe zu spät? Das jedenfalls kritisiert der Hausärzteverband in Baden-Württemberg im SWR-Interview.
Impf-Infrastruktur könnte wieder ausgebaut werden
Grundsätzlich sieht sich die Landesregierung für die neue Impfkampagne gut aufgestellt. "Einen vergleichbaren Massenansturm auf die Impfungen wie zu Beginn der Impfkampagne Anfang 2021, als nahezu ganz Baden-Württemberg gleichzeitig geimpft werden wollte, erwarten wir nach derzeitigem Stand nicht", sagte ein Sprecher.
Die vergangenen Jahre hätten aber auch gezeigt, dass die Lage sich schnell ändern könne. "Sollte dies der Fall sein, werden weitere Kapazitäten hochgefahren", hieß es. Ziel sei es, dass "für jede und jeden ein Impfangebot zur Verfügung steht".
Scharfe Kritik von Landtags-Opposition
Der FDP-Gesundheitsexperte Jochen Haußmann zeigte sich weniger optimistisch als das Gesundheitsministerium. Mit Blick vor allem auf die vulnerablen Gruppen betonte er: "Die vorliegenden Impfzahlen in Pflegeeinrichtungen sind in vielen Kreisen mehr als bedenklich." Das sei trotz der Impfempfehlung des Robert Koch-Instituts der Fall, die seit einigen Wochen für Menschen über 70 und für Pflegeheimbewohner vorliege. Das Land laufe genau wie in vorherigen Jahren wieder auf eine prekäre Situation in Alten- und Pflegeheimen zu, so Haußmann.
Auch der gesundheitspolitische Sprecher der SPD im Landtag, Florian Wahl, sagte, Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) scheine "in dieselbe Sackgasse zu laufen wie im Vorjahr". Statt nötige Konzepte zu erstellen, werde "vollmundig verkündet, es sei alles unter Kontrolle". Risikogruppen wie Menschen in Alten- und Pflegeheimen würden nur durch weitgehende Immunität der Bevölkerung geschützt. Deshalb müsse eine flächendeckende und möglichst schnelle Impfung mit dem neuen Impfstoff noch vor dem Beginn der Herbstwelle das Ziel sein.
Vorbereitungen für den Herbst Hilferuf von Heimstiftung: Corona-Konzept zum Schutz von Pflegeeinrichtungen fehlt
Der Geschäftsführer einer der größten Pflegeheimbetreiber in Baden-Württemberg schlägt Alarm. Derweil skizziert Bundesgesundheitsminister Lauterbach ein Corona-Konzept für den Herbst.
Land hat weniger geimpft
Baden-Württemberg hatte sein Impfangebot wegen fehlender Nachfrage bereits vor Monaten massiv heruntergefahren. Mit dem verschlankten Impfkonzept reagierte die Regierung auf die sinkende Nachfrage, außerdem sollten die enormen Kosten gedrückt werden. Im vergangenen Jahr hatte das Impfen und Testen das Land mehrere Hundert Millionen Euro gekostet.
Anfang Oktober sollen weitere angepasste Impfstoffe kommen
Hinsichtlich der nun bevorstehenden neuen Impfkampagne sind laut Sozialministerium nur die Impfstoffe verfügbar, die an die Omikron-Variante BA.1 angepasst sind. Einer der Impfstoffe stammt von BioNTech/Pfizer, der andere von Moderna.
Für beide hat die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) am Donnerstagnachmittag grünes Licht gegeben. Erst Anfang Oktober kommt laut Sozialministerium dann auch der Impfstoff, der an die Varianten BA.4 und BA.5 angepasst ist. Dann rechne man auch mit einer höheren Nachfrage.
Impfungen vor allem bei Ärzten und Apotheken geplant
Nach Informationen des RKI macht die Variante BA.5 bei den Infektionen gerade einen Anteil von mehr als 90 Prozent aus. Ziel des Sozialministeriums sei es, dass für jede und jeden im Land ein Impfangebot zur Verfügung stehe.
Wie bisher erfolgen Impfungen in erster Linie über die sogenannte Regelversorgung, also die Haus-, Fach- und Zahnarztpraxen sowie die Apotheken. Sofern sich Impfungen nicht im Rahmen der Regelversorgung realisieren lassen, stehen für alle Stadt- und Landkreise mobile Impfteams bereit.
Hausärzteverband BW sieht sich gerüstet
Die Vorsitzende des Hausärzteverbands Baden-Württemberg, Nicola Buhlinger-Göpfarth, sagte den "Badischen Neuesten Nachrichten", die Hausärzte im Land hätten inzwischen Routine in Sachen Corona-Impfungen. Sie rechne aber mit Zurückhaltung bei den Auffrisch-Impfungen.
"In diesem Herbst wird es deutlich schwieriger werden, die Menschen zu einer weiteren Impfung zu motivieren." Das Landesgesundheitsministerium plant im Herbst mehrere digitale Veranstaltungen, bei denen es über Corona-Impfungen informieren will.
Teilnahme an Info-Veranstaltungen im Internet ohne Anmeldung möglich
Schon jetzt will das Ministerium in Online-Veranstaltungen über Erst- und Booster-Impfungen informieren. Am 8. September soll es um die Immunisierung von Erwachsenen, am 21. September um die von Kindern zwischen fünf und elf Jahren gehen. An den beiden Informationsveranstaltungen können Interessierte per Livestream teilnehmen, ohne sich vorher anmelden zu müssen.
Bei der Veranstaltung zu Corona-Impfungen für Kinder werden auch ein Arzt des Klinikums Stuttgart und eine Vertreterin vom Deutschen Kinderschutzbund teilnehmen. Eltern oder Interessierte können ihre Fragen im Voraus einreichen.