Lehrerin unterrichtet Grundschüler mit Mundschutz (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow)

Regierungspräsidien widersprechen Kultusministerin Schopper

Sollten schwangere Lehrerinnen in BW trotz Corona-Risiko länger in Präsenz unterrichten?

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BW-Kultusministerin Schopper will schwangere Lehrerinnen länger in Präsenz unterrichten lassen - trotz des Risikos einer schweren Corona-Erkrankung. Die Regierungspräsidien widersprechen.

Schwangere Lehrerinnen sollten aus Sicht von Baden-Württembergs Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) wieder länger in Präsenz unterrichten. Die Regierungspräsidien als zuständige Behörden für die Schulen im Land wollen allerdings weiter an den strengen Regeln aus der Corona-Zeit festhalten - und stellen sich damit gegen die Ministerin.

Schwangere trotz Corona-Risiko länger im Präsenzunterricht?

Die Regierungspräsidien Stuttgart, Karlsruhe, Freiburg und Tübingen teilten gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) mit: "Das Robert Koch-Institut (RKI) stuft das Risiko für Schwangere weiterhin als hoch ein." Nicht das Kultusministerium, sondern die sogenannten Fachgruppen Mutterschutz bei den Regierungspräsidien sind zuständig für das Thema. Allein die Stuttgarter Behörde ist zuständig für knapp 2.000 Schulen.

Schwangere Lehrerinnen dürfen in Baden-Württemberg pandemiebedingt in der Regel nicht in Präsenz unterrichten. Laut Landessozialministerium haben Schwangere bei einer Corona-Infektion ein höheres Risiko als Nicht-Schwangere, schwer zu erkranken und auf eine Intensivstation zu müssen. Eine Beschäftigung ist daher nur im Ausnahmefall möglich, sofern "ausreichende Maßnahmen zum Infektionsschutz gewährleisten" werden könnten, schreibt das Kultusministerium. In der ersten bis dritten Klasse an Grundschulen und in Bereichen der Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren ist die Beschäftigung generell nicht möglich.

Laut Kultusministerium können derzeit rund 580 Lehrkräfte (Stand: 23. Mai) nicht eingesetzt werden - dabei geht es nicht nur um schwangere Lehrerinnen, sondern auch um Risikogruppen; Anfang Dezember 2021 waren es noch 1.200 Lehrerinnen und Lehrer.

Kultusministerin Schopper: Zurück zur alten Mutterschutz-Regelung

Schopper ist nun für eine Rückkehr zur alten Mutterschutz-Regelung vor Corona - und begründet das mit dem Personalmangel an Schulen. "Dass schwangere Lehrerinnen fast komplett für den Präsenzunterricht ausfallen, stellt uns insbesondere an den Grundschulen vor große Herausforderungen", sagte sie der dpa. "Wenn Lehrerinnen schwanger werden, fallen sie sehr plötzlich aus, sie stehen uns von dem einen auf den anderen Tag nicht mehr für den Präsenzunterricht zur Verfügung - und dies für eine längere Zeit." Ein Ministeriumssprecher bestätigte dem SWR diese Haltung: Man würde schwangere Lehrerinnen gerne mehr in Präsenz einsetzen.

Der "Südwest Presse" sagte Schopper vor wenigen Tagen: "Eine Schwangerschaft ist ja keine Krankheit, nur ein Zustand - und auch ein schöner." Deshalb sollte man zur alten Regelung zurückkehren, fordert Schopper.

"Natürlich muss man die medizinische Expertise zu dieser Frage einbeziehen, aber ich würde mir schon wünschen, dass wir schwangere Lehrerinnen und auch Erzieherinnen wieder mehr im Präsenzbetrieb einsetzen können."

Sie sei deshalb in Kontakt mit den zuständigen Stellen.

Regierungspräsidien: Risiko durch Wegfall der Maskenpflicht gestiegen

Die Regierungspräsidien schieben der Ministerin aber einen Riegel vor. Das Risiko für Schwangere, sich im Präsenzunterricht mit Corona zu infizieren, sei durch den Wegfall von Test- und Maskenpflicht gestiegen, argumentieren die vier Präsidien Stuttgart, Karlsruhe, Freiburg und Tübingen.

Es gebe auch keine neuen Aussagen, ob die Gefahr für geimpfte Schwangere geringer ist. Somit könne eine Impfung in der Gefährdungsbeurteilung momentan nicht berücksichtigt werden und besondere Schutzmaßnahmen seien weiterhin notwendig.

Bildungsgewerkschaften: Über den Gesundheitsschutz geht nichts

Auch die Bildungsgewerkschaft GEW lehnt entsprechende Pläne ab. Erst wenn das RKI seine Empfehlung ändern sollte, könne man auch Schwangere wieder im Unterricht einsetzen, so die Landesvorsitzende Monika Stein. Sie äußerte auch Unverständnis darüber, dass man in Baden-Württemberg bereits in das dritte Corona-Jahr starte, ohne dass es "überall funktionierende Luftreinigungssysteme" gebe.

Er könne die Ministerin zwar verstehen, weil das Personal sehr knapp sei, sagte der Landesvorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), Gerhard Brand, am Mittwoch. Aber: "Über den Gesundheitsschutz geht nichts." Gerade in Grundschulen müsse Ersatz besorgt werden, nur das geschehe nicht.

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