Eine Blutkonserve liegt im Blutspendezentrum des Deutschen Roten Kreuzes auf einer Blutwaage. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Marius Becker)

Weil Corona-Regeln wegfallen

Blutspenden in BW stark zurückgegangen: "Extrem schwierig, Blut zu bekommen"

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Anne Jethon

Beim Deutschen Roten Kreuz in Baden-Würtemberg spenden so wenig Menschen Blut, wie seit Jahren nicht mehr. Auch den Kliniken im Land fällt es sehr schwer, Blut zu bekommen. Sie kämpfen um jeden Spender.

Die Blutreserven in Baden-Württemberg sind extrem knapp. Krankenhäuser und DRK versuchen deshalb, jeden Einzelnen vom Spenden zu überzeugen. Für den DRK-Blutspendedienst sei die Lage sogar so schlimm, wie seit 30 Jahren nicht mehr. Grund soll ausgerechnet das Ende der Corona-Maßnahmen sein.

Diese kommen nun mit sommerlichen Tagen und wolkenfreiem Himmel zusammen. Für Eberhard Weck kein gutes Zeichen. Denn an diesen Tagen gehen viele Menschen raus, genießen das Wetter - und verzichten stattdessen darauf, zur Blutspende zu gehen. Der Pressesprecher des Blutspendedienstes Baden-Württemberg/Hessen des Deutschen Roten Kreuz (DRK) sagt, dass es dieses Jahr besonders schlimm sei. Denn durch den Wegfall der Corona-Maßnahmen würden noch weniger Menschen zur Spende kommen, weil sie lieber den Sommer ohne Maßnahmen genießen würden. "Wir können jetzt wieder alles machen, was wir wollen", sagt er. So eine geringe Spendenbereitschaft wie momentan habe es in den vergangenen 30 Jahren nicht gegeben.

Blutreserven auf alarmierend niedrigem Niveau

Die Blutreserven seien auf einem alarmierend niedrigen Niveau. Auf der Webseite des DRK-Blutspendediensts können Interessierte sehen, wie die Versorgungslage momentan ist. Bei der Blutgruppe null Rhesus-positiv ist die Lage laut Homepage kritisch. Rund ein Drittel der Bevölkerung habe diese Blutgruppe. Bei der Blutgruppe 0 Rhesus-negativ sei die Lage sogar "bedrohlich". Das bedeutet, dass Blutspenden dringend nötig seien.

Der Grund: "Mit dieser Blutgruppe kann man fast jedem Patienten helfen", erklärt Weck. Denn die Blutgruppe sei mit allen anderen Blutgruppen kompatibel. Wenn es sehr schnell gehen müsse, zum Beispiel, wenn eine Patientin oder ein Patient viel Blut verloren habe, könne man immer Blutspenden dieser Gruppe nutzen. "Momentan ist hier die Versorgungslage sehr eng", so Weck.

Auch bei den restlichen Blutgruppen sieht es nicht besser aus. Insgesamt 1,7 Tage reichten die Blutspenden in Baden-Württemberg im Schnitt noch, sagt Weck. Die Krankenhäuser im Land bekommen das zu spüren. Sie sind auf Blutkonserven des DRK angewiesen.

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Uniklinik Freiburg: Kampf um jede einzelne Blutkonserve

"Es ist wirklich eine schwierige Situation aktuell", sagt Markus Umhau, ärztlicher Leiter der Blutspendezentrale am Uniklinikum in Freiburg. Es sei extrem schwierig, Blut zu bekommen. Die Blutbank der Uniklinik versorgt auch andere Kliniken in Südbaden. Das schaffe sie nicht allein mit eigenen Blutkonserven, sondern sie beziehe auch vom Kontingent des DRK. Will die Uniklinik zusätzlich Blutspenden vom DRK ordern, gehe das momentan gar nicht. "Das ist seit Monaten ein täglicher Kampf um jede einzelne Konserve", so Umhau.

Zwar könne die Uniklinik die Versorgung so sicherstellen, dass geplante Operationen, die Notfallversorgung und Routineversorgung gewährleistet sind. Das sei aber mit einem großen Aufwand verbunden. Die Uniklinik versende regelmäßig hunderte Einladungsmails, Promo-Teams sprechen potenzielle Spenderinnen und Spender an, es gebe mehrere laufende Marketingaktionen.

"Die Menschen zeigen Solidarität mit Patienten, die sie überhaupt nicht kennen."

Auch in Tübingen ist die Lage laut einer Sprecherin des Uniklinikums eng. "Nur durch die gute Zusammenarbeit zwischen den Blutspendediensten können wir in Tübingen bis jetzt ausreichend Blutkonserven zur Verfügung stellen", schreibt die Sprecherin der Klinik auf SWR-Anfrage. Der Grund: Viele Spender seien krank gewesen - und vier Wochen nach einer Infektion sei eine Blutspende nicht möglich. Das Uniklinikum versuche Blutspender durch verschiedene Maßnahmen zu motivieren. "Der Effekt blieb allerdings überschaubar", so die Sprecherin.

Weck versucht derweil, an die Menschen zu appellieren: "Vergesst die Blutspende nicht." Dies sei ein sozialer Akt, so DRK-Sprecher Weck: "Die Menschen zeigen Solidarität mit Patienten, die sie überhaupt nicht kennen." Weck hofft gleichzeitig, dass bald wieder Regen fällt. Dann kämen auch mehr Menschen, um Blut zu spenden. Auf Regen wird Weck aber eine Weile warten müssen - das kommende Wochenende wird sonnig. Erst am Montag soll der Himmel zumindest wolkenbedeckt sein.

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