BW-Innenminister Strobl (CDU) geht im Haus der Abgeordneten zu einer Fraktionssitzung. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Bernd Weißbrod)

Polizeiaffäre um BW-Innenminister

Kritik an erneuter Rückendeckung für Strobl - Kretschmann steht weiter hinter Innenminister

Stand

Ministerpräsident Kretschmann hat sich in der Polizeiaffäre erneut hinter seinen Innenminister Strobl gestellt. Ein Vorgehen, das bei der Opposition auf wenig Gegenliebe stößt.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) rückt nicht von Innenminister Thomas Strobl (CDU) ab. Er will das Ergebnis der Ermittlungen gegen ihn abwarten. Strobl genieße weiterhin sein volles Vertrauen, die Erklärungen des Ministers zur Polizeiaffäre seien "glaubwürdig" und "plausibel", betonte Kretschmann am Dienstag bei der Regierungspressekonferenz.

SPD und FDP kritisieren Rückendeckung für Strobl

SPD und FDP haben Kretschmann unterdessen für seine erneute Rückendeckung für Strobl kritisiert. Nur auf die Justiz zu hoffen und sich politisch herauszuhalten, sei nicht genug, kommentiert der Innenexperte der SPD, Sascha Binder. "Grün-Schwarz stellt sich tot und hofft, dass alles von alleine vorbeigeht. Kretschmann tue plötzlich so, als sei nicht er für sein Kabinett zuständig, sondern die Justiz, und flüchte sich in den Standpunkt, er habe nichts zu kommentieren", so Binder.

Die FDP sieht das ähnlich. Man erwarte, dass der Ministerpräsident ein klares Zeichen für die Glaubwürdigkeit der Politik setze, erklärte der rechtspolitische Sprecher der FDP, Nico Weinmann. Es erscheine wenig glaubwürdig, wenn das Innenministerium Transparenz verspreche, dann aber bei der Aufklärung der Vorwürfe Akten schwärze und Ermittlungen behindere, so Weinmann.

Ministerpräsident will Ermittlungen abwarten

Richtig konkret wollte sich Kretschmann nicht zu den laufenden Ermittlungen gegen Strobl äußern. "Der Ball liegt da jetzt nicht in meinem Spielfeld, sondern im Feld der Justiz", betonte Kretschmann. Die Ermittlungen gegen den Innenminister seien "Ausdruck unseres Rechtsstaats".

Trotzdem betonte Kretschmann auch das gute Verhältnis zwischen ihm und dem Innenminister. Zwischen Strobl und ihm herrsche ein solides belastbares Verhältnis, man können alle Dinge offen besprechen und Krisen meistern.

Opposition fordert Rücktritt von Strobl

Die Opposition im Landtag hatte bereits den Rücktritt von Innenminister Strobl gefordert. Außerdem will die FDP, dass die Staatsanwaltschaft das private und das dienstliche Mobiltelefon des Innenministers beschlagnahmt.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit Mittwoch gegen einen Journalisten und den Minister. Der Reporter wird verdächtigt, aus amtlichen Dokumenten eines laufenden Verfahrens zitiert zu haben. Strobl wiederum soll ihn dazu angestiftet haben. Die Opposition fordert die Entlassung des Ministers.

Im Zentrum der Affäre stehen eigentlich Ermittlungen gegen den ranghöchsten Polizeibeamten aus Baden-Württemberg wegen des Verdachts der sexuellen Belästigung.

Frage der Entlassung stellt sich laut Kretschmann nicht

Auf Nachfrage stellte Kretschmann bei der Pressekonferenz klar, dass sich die Frage der Entlassung bei Innenminister Strobl nicht gestellt habe. Der Ministerpräsident begründete dies unter anderem damit, dass momentan erst ein Verfahren laufe, das die Vorwürfe bewerte. "Da gilt die Unschuldsvermutung und ich habe Vertrauen zu Minister Strobl gerade aufgrund seiner bisherigen Amtsführung." Bis das Verfahren abgeschlossen sei, bleibe alles wie bisher.

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SPD fordert Entlassung des Innenministers Vorwurf der Weitergabe von Dienstgeheimnissen: Druck auf Strobl und auch Kretschmann nimmt zu

Die SPD fordert Ministerpräsident Kretschmann auf, Strobl zu entlassen. Außerdem will die FDP eine aktuelle Debatte im Landtag, die Polizeigewerkschaft fordert Erklärungen.

Kretschmann: "Stelle Freundschaft nicht über Rechtsstaat"

Kretschmann äußerte sich am Dienstag auch zu dem Vorwurf, er würde seine Freundschaft zu Minister Strobl über den Rechtsstaat stellen. Das wurde ihm unter anderem seitens der SPD vorgeworfen. Kretschmann nannte die Vorwürfe abwegig. Es stehe immer das Interesse des Landes über allem und die Rechtsstaatlichkeit gehe sowieso allem voraus, so Kretschmann.

Streit um Titel der Strobl-Debatte am Mittwoch im Landtag

Am Mittwoch ist die Polizeiaffäre um Strobl auch Thema im Landtag. Im Vorfeld gab es Streit über den Titel der Debatte. Die von der FDP beantragte Aussprache soll nun folgendermaßen heißen: "Verdacht der Veröffentlichung von Dienstgeheimnissen - Wer kann dem Dienstherrn Strobl noch trauen?"

Ursprünglich sollte die Debatte nach dem Willen der FDP lauten: "Verrat von oben - wer kann dem Dienstherrn Strobl noch trauen?". Das hatte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) abgelehnt und erklärt, es sei lange Parlamentspraxis, dass bei solchen Debatten-Titeln "schwere persönliche Vorwürfe unzulässig sind".

Hagel: "Persönliche Vorwürfe in Debattentiteln unzulässig"

Die FDP zeigte sich verärgert über die Abschwächung des Titels. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Manuel Hagel verteidigte hingegen die Entscheidung: "Zu unserer parlamentarischen Kultur gehört eine lebendige Debatte. Zu unserer demokratischen Kultur gehört aber auch, dass schwere persönliche Vorwürfe in Debattentiteln unzulässig sind", so Hagel.

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SWR