Eine große "Friedenskette" rund um den Bodensee soll es am Samstag geben. Auf deutscher Seite unterstützen vor allem die "Querdenken"-Initiativen die "Friedenskette". Die "Querdenker" sind eine baden-württembergische Erfindung, denn ihr Gründer, Michael Ballweg, kommt aus Stuttgart. Neben Corona-Protesten ist die "Querdenken"-Bewegung inzwischen ein Sammelbecken für fragwürdige Botschaften aller Art geworden.
SWR-Experte Kai Laufen beschreibt die Einflüsse auf die "Querdenken"-Bewegung im Video:
Michael Ballweg, der Gründer der "Querdenken"-Bewegung, will mittlerweile Oberbürgermeister in Stuttgart werden. Seit der 46-Jährige im Frühjahr mit den Protesten gegen die Corona-Maßnahmen begonnen hat, ist aus der Stuttgarter Initiative eine bundesweite Bewegung geworden, die mittlerweile nicht mehr nur noch gegen die Corona-Maßnahmen demonstriert. Kritiker werfen ihm vor, seine Bewegung sei offen für rechte Strömungen. Im SWR-Interview antwortet Ballweg darauf:
"Wir achten sehr stark darauf, dass wir ein sehr breites Programm machen. Das Schubladen-Denken rechts-Mitte-links ignorieren wir sowieso. Aber wir schauen genau, dass keine Extreme vorkommen."

Auf den Demos, die die Bewegung seit Wochen organisiert und minutiös im Internet und in den sozialen Medien dokumentiert, gibt es zunehmend politische Forderungen. Ballweg selbst propagiert eine neue Verfassung. Auf einer Demonstration in Berlin Ende August fordert er:
"Wir sind die verfassungsgebende Versammlung, und ich rufe alle Menschen bundesweit, lade alle nach Berlin ein, an einer neuen Verfassung zu arbeiten."
Der Politikberater Johannes Hillje befasst sich mit Rechtspopulismus. Der Experte hält Ballwegs Aussagen nicht für harmlos. Diese Aussagen seien durchaus auch im rechten Spektrum zu finden. Hillje erklärt im SWR-Interview:
"Er ist somit ein Gegner der bestehenden Verfassung in Deutschland. Und da zeigt sich eindeutig, dass es eben nicht nur um eine Anti-Establishment-Haltung bei 'Querdenken' geht, und auch nicht nur ein Protest gegen die Corona-Politik, sondern dass hier auch eine manifeste Anti-System-Einstellung vorhanden ist."
Die Bewegung selbst will sich nicht in die rechte Ecke drängen lassen. Aber auf einer Demonstration der "Querdenker" in Mannheim tauchte eine Gruppe mit Reichsflaggen auf. Die Männer wurden aufgefordert, ihre Fahnen einzurollen. Der Ulmer Anwalt Markus Haintz, ein prominenter Unterstützer der "Querdenken"-Bewegung, findet zwar, dass auf Demos generell weniger Flaggen geschwenkt werden sollten. Aber Haintz fügt auch hinzu:
"Ansonsten bin ich für die Meinungsfreiheit. Die Kaiserreichsflagge ist nicht verboten in Deutschland."
Die Flaggen jedenfalls gelten als Symbol der rechten Szene. Aktuell wird auch über ein Verbot diskutiert.
Kretschmann für Verbot von Reichsflaggen
Immer wieder mischen sich unter die "Querdenker"-Demos fragwürdige Gruppen: so auch bei der am Sonntag angemeldeten Demo in Karlsruhe, die von einem "Netzwerk Demokratie" unterstützt wird. Personen dahinter sind nach SWR-Recherchen auch Akteure der Partei "Deutsche Mitte". Auf deren Website wird zum "Widerstand für Deutschland" aufgerufen. In Zusammenhang mit dem Familiennachzug von Flüchtlingen ist auf der Internetseite von "austauschen" der Bevölkerung die Rede. Laut Experten vertritt die Partei "mitunter populistische, ultrakonservative, national-chauvinistische, antisemitische und verschwörungsideologische Inhalte". Eine SWR-Anfrage dazu bei baden-württembergischen Akteuren der Partei ließen diese unbeantwortet.
Auch "Querdenken"-Gründer Ballweg tritt in Karlsruhe auf. Im SWR-Interview sieht sich Ballweg für seine Mitredner auf der Bühne nicht verantwortlich. Dafür seien die einladenden "Querdenken"-Initiativen zuständig. Der Rechtspopulismus-Experte Hillje hält diese Einstellung für naiv und sie werde einem verantwortlichen Organisator einer Demo, geschweige denn einer ganzen Bewegung nicht gerecht.