Auszubildende arbeitet in einer Gastronomie-Küche (Foto: dpa Bildfunk, Sebastian Gollnow)

Gastronomen vor ungewisser Zukunft

Gestiegene Lebensmittelpreise: Restaurants in BW wegen Ukraine-Krieg unter Kostendruck

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Maximilian Münster

In Baden-Württemberg kehren die Menschen in die Restaurants zurück, nachdem die meisten Corona-Maßnahmen weggefallen sind. Doch in der Gastronomie steigen die Preise rasant.

Ein Schnitzel für 16,90 Euro. Vor einer Woche hat es noch 15,60 Euro gekostet. Dazu eine 0,33-Flasche Cola. Die kostet nun 3,80 Euro statt 3,60 Euro. "Es läppert sich", sagt Thorsten Brinkmann vom Rebstöckle in Reutlingen. Das Restaurant musste seine Preise zum Osterfest um 5 bis 15 Prozent erhöhen, weil Lebensmittel- und Energiepreise derzeit explodieren - und das in einem Frühjahr, in dem die Menschen nach Wegfall der meisten Corona-Maßnahmen gerne an die Restauranttische zurückkehren.

"Die Gäste dürfen zwar wieder kommen, aber der Ukraine-Krieg sitzt uns im Nacken", sagt Brinkmann im SWR-Gespräch. "Meine große Angst ist, dass Gäste auf den Restaurantbesuch verzichten", so Brinkmann.

Preise für alle Lebensmittel steigen

Fleisch, Mehl, Butter, Gemüse, Fisch, Obst und vor allem Speiseöl - die Einkaufspreise für die Gastronomie im Land stiegen in beinah allen Bereichen, sagt Daniel Ohl, Sprecher des Hotel- und Gaststättenverbands DEHOGA in Baden-Württemberg.

Genau beziffern ließen sich die Preissteigerungen für die Gastronomie im Land derzeit noch nicht, so Ohl. Das Rebstöckle zahle derzeit 40 Euro für zehn Liter Sonnenblumenöl, früher habe Brinkmann diese Menge für zwölf Euro bekommen. Obst und Gemüse kosteten 50 Prozent mehr. "Dabei gehen die Preise im Frühjahr normalerweise runter", so Brinkmann.

Marco Garofalo ist Betreiber des Gasthauses Löwen in Villingen (Schwarzwald-Baar-Kreis). Würde er alle Mehrkosten auf die Gerichte umlegen, wären diese so teuer, dass sie vermutlich kaum noch jemand bestellen würde. "Ich muss jetzt halt abwägen: Was wälze ich auf den Kunden ab und was nicht?", sagt er dem SWR.

"Die Gäste dürfen zwar wieder kommen, aber der Ukraine-Krieg sitzt uns im Nacken."

Wegen fruchtbarer Schwarzerde-Böden erntet und exportiert die Ukraine besonders viel Getreide. Gemeinsam mit Russland deckt das Land etwa 30 Prozent der weltweiten Weizennachfrage. Millionen Tonnen Getreide stecken nun in den Bäuchen von Schiffen fest, welche wegen des Kriegs nicht aus den Schwarzmeerhäfen auslaufen können. Dazu sorgten Hitzewellen in Kanada und Südamerika für Missernten. Das trägt dazu bei, Getreide und Speiseöl in Deutschland zu verknappen.

Transport von Waren wird teurer wegen hoher Energiepreise

Dass auch andere Lebensmittel teurer werden, liegt zum einen an den Energiekosten, die durch den Krieg in die Höhe schnellten. "Die Waren müssen teurer werden, weil Transportkosten steigen", sagt Ohl von der DEHOGA. "Wir spüren die gestiegenen Energiepreise bei unseren Lieferanten ganz deutlich", sagt Brinkmann vom Rebstöckle.

Zudem beeinträchtigten Getreide- und Energieknappheit sowie fehlende Düngemittel-Lieferungen aus Russland und der Ukraine die landwirtschaftliche Produktion hierzulande, heißt es vom Landesbauernverband Baden-Württemberg. "Weil Lebensmittel gekühlt und gekocht werden müssen, sind Restaurants ohnehin energieintensive Betriebe", sagt Ohl vom DEHOGA.

Höhere Personalkosten

Die Kosten bei den gastronomischen Betriebe steigen auch, weil wieder mehr Personal beschäftigt werden muss als während der angespannten Pandemiemonate. "Seit Betriebe wieder normal arbeiten, geht es bei den Stellen wieder bergauf", sagt Ohl.

Restaurants wie das Rebstöckle suchen händeringend nach Mitarbeitenden. Hinzu kommt: Seit dem Jahreswechsel 2021/2022 wird Beschäftigten wegen einer Tarifeinigung fünf Prozent mehr Lohn gezahlt.

Produkte in einzelnen METRO-Märkten knapp

Beim Großhändler METRO, bei dem Gewerbetreibende einkaufen, macht es sich vereinzelt bemerkbar, dass Produkte knapp sind, wie ein Sprecher dem SWR mitteilte. Man beobachte eine hohe Nachfrage nach verschiedenen haltbaren Lebensmitteln, die unter anderem auf Hilfsgüterkäufe zurückzuführen seien.

"Daher kann es derzeit in einzelnen METRO Märkten kurzfristig und vereinzelt zu einer eingeschränkten Verfügbarkeit beispielsweise für einige Speiseöle sowie Mehl kommen." Grundsätzlich sei die Warenversorgung aber gesichert, "frische Ware ist auf dem Weg", so der Sprecher.

DEHOGA: Noch keine Betriebsschließungen

Meldungen, wonach manche Imbissbuden keine Pommes mehr frittierten, weil Öl fehle, kann Daniel Ohl vom DEHOGA nicht bestätigten. "Vielleicht ändern Betriebe die Zusammensetzung: Mehr Raps und weniger Sonnenblumenöl", so Ohl. Aber Pommes gebe es. Und: Betriebsschließungen seien wegen des Kostendrucks noch nicht zu beobachten.

Thorsten Brinkmann vom Rebstöckle sieht schon die nächste Preiserhöhung am Horizont. Im Herbst müsse er einen neuen Vertrag mit dem Energieversorger abschließen und dann würden die hohen Preise voll durchschlagen. "Für das nächste Jahr können wir keine Hochzeit planen, keine Angebote schreiben - weil wir nicht wissen, was kommt."

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