Für den Landesschafzuchtverband in Baden-Württemberg ist die Sache klar: Attacken von Rabenvögeln auf Schafe sind schon seit Längerem ein Problem. "Es finden nach wie vor Übergriffe auf Schafe statt", erklärte Geschäftsführerin Anette Wohlfarth der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Sie nannte dabei aber keine konkreten Zahlen.
Auch das baden-württembergische Umweltministerium nennt keine genauen Zahlen. Vereinzelt würden Schäfereibetriebe Pickschäden melden, die mutmaßlich von Rabenvögeln verursacht wurden, heißt es. Nachweise dafür habe es jedoch nur in Einzelfällen gegeben. Gerade "Kolkraben-Jungvogeltrupps" würden immer wieder Probleme machen - vor allem dann, wenn die Schafe eingezäunt seien. Es gebe allerdings keine verlässlichen Zahlen, wie oft das passiert und wie schwer diese Verletzungen sind.

Vogelexperte: "Absolute Ausnahme, dass Schafe durch Picken sterben"
Häufig könne auch nicht mehr unterschieden werden, ob die Pickverletzungen zum Tod des Tieres geführt haben oder ob sie erst nach dessen Tod zugefügt wurden, so das Umweltministerium. "In den meisten Fällen scheinen Pickverletzungen jedoch eine Folge von schon vorher bestehenden Problemen bei der Tierhaltung zu sein." Als Beispiel nennt das Ministerium erkrankte Tiere.
Ähnlich sieht das auch Vogelexperte Veit Hennig von der Universität Hamburg, der solche Vorfälle unter anderem im Auftrag des Landes untersucht hat. Er sagt, es sei die absolute Ausnahme, dass Schafe durch Picken sterben. Dass ein Hieb tödlich sei, komme so gut wie nicht vor. Die Schafe, oft Lämmer, müssten durch Krankheiten geschwächt sein oder von ihren Müttern alleingelassen worden sein.
Rabenvögel verursachen noch mehr Probleme in der Landwirtschaft
Rabenvögel bereiten in Baden-Württemberg anhaltend Probleme, auch in anderen Bereichen. Auf einen Antrag der CDU im Landtag listete das Umweltministerium neben den Verletzungen an Schafen auch Schäden am Saatgut und Gemüse oder Belästigungen durch Lärm und Verschmutzung auf.
So genannte Vergrämungsmethoden, um die Vögel zu vertreiben, sind nicht so einfach umzusetzen. Zum einen besteht laut Umweltministerium die Gefahr der Aufsplitterung der Kolonien, so dass sich die Tiere großflächiger verteilen und sich die Belastungen in der Summe noch vergrößern. Zum anderen könnten Methoden wie Lärmmaschinen oder Scheinwerfer zu Beschwerden von Anwohnerinnen und Anwohner führen.
Rabenkrähen dürfen geschossen werden
Was also tun? Dem Ministerium zufolge dürfen Rabenkrähen außerhalb von geschützten Gebieten während der Jagdzeit geschossen werden. Im Jagdjahr 2019/2020 seien rund 21.000 der Tiere gejagt worden. Das sei nach Rehen, Wildschweinen und Füchsen die viertgrößte Jagdstrecke aller im Land bejagbaren Arten gewesen. Nur die selten vorkommende Saatkrähe ist geschützt und darf nicht gejagt werden.
Außerdem nutzen ökologische Landwirtschaftsbetriebe Pflanzenstärkungsmittel auf Basis von Hopfenextrakt, um Krähenfraß zu verhindern. Richtig Vergrämungsmethoden können laut Ministerium wegen der Gefahr, dass die Rabenvögelpopulation sich aufspaltet und immer größer wird, nur in "besonders sensiblen Bereichen", wie Krankenhäusern oder Schulen angewandt werden.