Die Chemie- und Pharmabranche erwartet für dieses Jahr einen Produktionsrückgang von vier Prozent. Die sprunghaft gestiegenen Rohstoff- und Energiekosten belasten die Gewinne in der größten Branche nach dem Auto- und Maschinenbau. Besonders die drohenden Lieferengpässe beim Gas sorgen für Unruhe im Verband. Allerdings nicht bei jedem Unternehmen: Roche, einer der größten Pharma- und Diagnoseprodukte-Hersteller der Welt, hat in Mannheim bereits 2018 begonnen, die Stromerzeugung mit Gas einzustellen.
Müll aus Mannheim wird zu Dampf umgewandelt
Roche bekommt durch einen Düker - das ist eine Leitung, die unter Druck steht - Heißdampf von einem Heizkraftwerk aus der Abfallverbrennung. Deshalb ist der ganze Standort von einem Netz aus Leitungen und Rohren durchzogen. Mit diesem Dampf kühlt, heizt, reinigt und sterilisiert das Unternehmen seine Produktion.
In einem Kraftwerk auf der anderen Seite des Altrheins werden täglich 800 Tonnen Haus- und Industriemüll aus Mannheim verbrannt. Damit wird beim Energieversorgungsunternehmen MVV Dampf erzeugt und an das Roche-Werk gegenüber geliefert.
Medizinische Produkte brauchen bestimmte Temperaturen
Beim Pharmahersteller werden temperaturkritische Produkte hergestellt, beispielsweise Kassetten zur Blutdiagnose. Dabei darf der Raum zu keinem Zeitpunkt wärmer als 25 Grad werden. Zur Kühlung wird der Strom, den Roche aus dem Dampf der Müllverbrennung gewinnt, eingesetzt. Er deckt damit 90 Prozent des Gesamtbedarfs.

Roche in Mannheim: Ölreserven für den Notfall angelegt
Nur für wenige Bereiche ist Roche noch auf Erdgas angewiesen. Und zwar immer dann, wenn höhere Temperaturen für Hochdruckdampf gebraucht werden. Doch Roche hat auch hier vorgesorgt. Sollte es tatsächlich zu einem Gas-Lieferstopp kommen, lagert der Pharma-Riese hier Öl als Gas-Ersatz. Damit ist der Bedarf für zwei Monate gedeckt. Roche will den Weg zur Unabhängigkeit von fossiler Energie kontinuierlich weiterverfolgen. Spätestens jetzt zeigt sich, dass sich dieser Weg für den Pharmarkonzern gelohnt hat.