Eine Pflegekarft im Krankenhaus schiebt ein Bett über den Flur. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa/Marijan Murat)

Krankheitsfälle und Fachkräftemangel

Personalmangel in baden-württembergischen Krankenhäusern sorgt für Engpässe

Stand

Leere Betten und aufgeschobene Operationen - in Krankenhäusern und Kliniken in Baden-Württemberg fehlt das Personal. Mediziner und Behörden blicken mit Sorge auf den Herbst.

Krankheitsausfälle und Fachkräftemangel belasten zurzeit die baden-württembergischen Kliniken und wirken sich teilweise schon auf Patientinnen und Patienten aus. Mitarbeitende auf den Intensivstationen sprechen von einer durchaus angespannten Lage wegen der vielen Krankmeldungen. Weil Personal fehlt, werden mancherorts weniger dringliche Operationen aufgeschoben.

Sozialministerium: Notfallversorgung ist sichergestellt

Nach Angaben des baden-württembergischen Sozialministeriums mussten solche Eingriffe bislang aber nicht flächendeckend reduziert werden. Die Notfallversorgung sei derzeit sichergestellt. Mit Sorge blicken die Krankenhäuser hingegen auf den Herbst.

Nach Angaben der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG) kam es schon vor Corona wegen des Fachkräftemangels vor, dass Krankenhausbetten nicht durch Pflegepersonal versorgt werden konnten. Die Pandemie habe die Situation verschärft. Noch nie sei es so schwierig gewesen, freie Stellen in der Pflege zu besetzen.

Baden-Württemberg

Krise als Normalzustand Pflegenotstand in BW: Experten warnen vor Versorgungsengpässen und Systemkollaps

Pflegekräfte sind chronisch überlastet, überall fehlt Personal. Die Politik reagiert - doch nicht immer zielgerichtet. Gibt es zu viele Krankenhäuser in Baden-Württemberg?

SWR Aktuell Baden-Württemberg SWR Fernsehen BW

Schätzung: 10 bis 15 Prozent der Betten können nicht belegt werden

"Wir gehen davon aus, dass aktuell 10 bis 15 Prozent der Krankenhausbetten nicht belegt werden können, obwohl die Corona-Lage noch relativ stabil ist", sagte BWKG-Hauptgeschäftsführer Matthias Einwag. Die Situation werde sich verschärfen, wenn neue Corona- oder Grippewellen zu mehr Personalausfall führen.

"Realistisch gesehen muss man davon ausgehen, dass in vielen Krankenhäusern derzeit von Tag zu Tag entschieden wird, welche Operationen mit den vorhandenen Personalressourcen durchgeführt werden können", sagte Einwag. Die Verschiebung von Operationen gehöre damit leider in vielen Kliniken zum Alltag.

Keine Corona-Erholung im Sommer in Baden-Württemberg

Beunruhigt stellt man außerdem fest, dass es bei Corona keine "Sommererholung" gibt. "Im Gegenteil: Die Zahl der Corona-Patientinnen und -Patienten steigt seit Mitte Juni wieder leicht an, und es ist noch nicht abzusehen, wie sich diese Sommerwelle weiterentwickeln wird", so Einwag.

Das Klinikum Stuttgart sieht sich als größtes Krankenhaus in Baden-Württemberg personell vergleichsweise gut aufgestellt. Eine große Herausforderung sind aber die Personalausfälle: Zurzeit fallen hier über 80 der 8.000 Beschäftigten nach einem positiven Corona-Test aus. "Die Situation ist aber noch kontrolliert und die Einschränkung der Behandlungskapazitäten bisher moderat", sagte der Klinik-Vorstandsvorsitzende Jan Steffen Jürgensen.

"Mit etwas Sorge blicken wir auf den Herbst: Im Zusammenspiel mit anderen Infektionskrankheiten könnten die Personalprobleme gravierender werden."

Teilweise müssen im Stuttgarter Klinikum planbare, weniger dringliche Operationen verschoben werden, weil es nicht genug Anästhesie- und Operationstechnische Assistenten gibt.

SWR Aktuell Baden-Württemberg berichtete bereits im März über Personalausfälle in Krankenhäusern:

Weniger Covid-19-Fälle in Intensivstationen als bei Delta-Welle

Die Intensivstationen im Land sind laut Sozialministerium derzeit durch Covid-19 deutlich weniger belastet als während der Delta-Welle. In ganz Baden-Württemberg seien aktuell 14 Prozent der Intensivbetten frei, 7 Prozent durch Covid-Patienten belegt. Nach Angaben der Krankenhausgesellschaft wurden Anfang der Woche 133 Covid-19-Patientinnen und Patienten auf den Intensivstationen und 1.137 coronapositive Menschen auf den Normalstationen der Krankenhäuser behandelt.

Die Kapazität der betreibbaren Intensivbetten sei im Vergleich zum Vorjahr gesunken: von 2.350 auf knapp 2.200, vor allem wegen des generellen Personalmangels sowie wegen zunehmender Überlastung und Erschöpfung des Personals, was durch die lang anhaltende Pandemie verschärft werde.

Angespannte Personalsituation in allen Bereichen

Für das Klinikum Stuttgart versicherte dessen Chef: "In Stuttgart muss derzeit niemand befürchten, dass es für ihn kein Intensivbett gäbe." Es komme nur sehr vereinzelt und temporär zu Kapazitätseinschränkungen. Auch beim Universitätsklinikum Freiburg betonte ein Sprecher: "Die Gesundheitsversorgung ist gewährleistet." Man spüre aber über alle Bereiche eine angespannte Personalsituation.

Besonders in der Notaufnahme seien mehr Menschen als sonst, weil sich kleinere Häuser von der Notfallversorgung wegen Personalmangels abmelden würden. Dass wegen fehlenden Personals weniger Betten belegt werden könnten, fürchtet man auch beim Städtischen Klinikum Karlsruhe. Allein beim Pflege- und Funktionsdienst würden derzeit 215 Mitarbeitende durch Krankheit, Quarantäne oder damit einhergehendem Beschäftigungsverbot ausfallen. "Das sind etwa zwei bis dreimal so viele wie zu Normalzeiten", so ein Kliniksprecher.

Stand
AUTOR/IN
SWR