Der AfD-Parteitag in BW am Wochenende ist chaotisch verlaufen. Keiner der beiden eigentlichen Kandidaten für den Landesvorsitz erreichte am Samstag die nötige Zustimmung, schließlich gab es eine Doppelspitze. Der Landtagsabgeordnete Emil Sänze und der Bundestagsabgeordnete Markus Frohnmaier wurden mit 319 von 533 Stimmen zur neuen Doppelspitze des AfD-Landesverbands gewählt, im vierten Wahlgang. Zuvor hatte kein Einzelbewerber eine absolute Mehrheit erreichen können - ein Indiz, wie zerstritten sich die AfD in Baden-Württemberg im Kampf um den Landesvorsitz gezeigt hatte.

Klos, Jongen und Stein zu Stellvertretern im AfD-Landesverband gewählt
Eigentlich hätte die Landes-AfD die Vorstandswahlen gerne schon am Samstag abgeschlossen. Doch durch eine chaotische Wahl am Samstag mussten die Stellvertreterposten warten. Am Sonntagvormittag wurden dann Rüdiger Klos und Marc Jongen als Stellvertreter gewählt. Die Wahl zum dritten Stellvertreter oder zur Stellvertreterin gestaltete sich zunächst schwierig. Kandidiert hatten Marc Bernhard und Carola Wolle. Beide konnten sich jedoch nicht durchsetzen. Letztendlich wurde Udo Stein, Landtagsabgeordneter der AfD aus Schwäbisch-Hall, mit mehr als 80 Prozent der Stimmen zum dritten Stellvertreter im Landesvorstand gewählt. Sie ergänzen damit die neue Doppelspitze Frohnmaier und Sänze. Inhaltlich bestehen zwischen allen fünf kaum Unterschiede - sie äußern sich nur mehr oder weniger offen radikal.
"Junge Alternative" sichert sich wichtige Posten
Im übrigen Landesvorstand hat sich Personal aus der Nachwuchsorganisation "Junge Alternative" (JA) wichtige Posten sichern können. Severin Köhler, aktuell auch im JA-Landesvorstand, und Reimond Hoffmann, ehemaliger JA-Funktionär, sind zum Beisitzer und zum Schriftführer gewählt worden. Damit hat die "Junge Alternative" in der Partei deutlich an Macht gewonnen - obwohl die Aktivitäten der JA ein wichtiger Grund dafür waren, dass die Landespartei jetzt vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Den Versuch, sich moderat zu geben, hat die AfD Baden-Württemberg damit aufgegeben.
Keine Zeit mehr für inhaltliche Anträge
Am späten Sonntagnachmittag hat die AfD Baden-Württemberg entschieden, sich beim aktuellen Landesparteitag nicht mehr mit inhaltlichen Anträgen zu befassen. Dafür soll jetzt ein neuer Parteitag angesetzt werden. Die Wahlen zum Landesvorstand, zum Landeschiedsgericht und die Wahl der Rechnungsprüfer hatten das ganze Wochenende in Anspruch genommen. Am Sonntagabend war auch nur noch etwa ein Drittel der akkreditierten Mitglieder anwesend.
Wahlen zogen sich über mehrere Stunden
Wie schon am Samstag hatten sich auch die Wahlentscheidungen am Sonntag über viele Stunden hingezogen. Weil sich am Samstag im Rahmen des Parteitags auf dem Gelände der Messe Stuttgart keine absolute Mehrheit für einen der beiden eigentlichen Kandidaten, Martin Hess und Dirk Spaniel, fand, kündigten beide Aspiranten für den Chefposten überraschend ihren Rückzug von der Kandidatur an. Selbst wenn ein Kandidat in einem weiteren Wahlgang mehr als 50 Prozent Zustimmung erreichen würde, würde das nicht zur Einigung und Befriedung des Landesverbands beitragen, so Martin Hess am Samstagabend in Stuttgart, der für die Partei im Bundestag sitzt. "Wir dürfen uns nicht weiter beschädigen."
Hess rief daraufhin seinen Kontrahenten, den Bundestagsabgeordneten Dirk Spaniel, ebenfalls zum Rückzug auf. Dieser bot seinen Rückzug an, betonte aber, dass er eine Doppelspitze mit Hess für eine bessere Lösung halte. Das wiederum lehnten die Mitglieder mehrheitlich ab.
Keine Mehrheit in mehreren Wahlgängen für Weidel-Nachfolge
Anschließend wurden zahlreiche neue Kandidaten für den Vorsitz vorgeschlagen, am Ende blieben Frohnmaier und Sänze übrig. Im dritten Wahlgang konnten beide nicht die absolute Mehrheit an Stimmen für sich erlangen. Am Ende wurde es dann eine Doppelspitze. Frohnmaier und Sänze kündigten an, den zerstrittenen Landesverband einen zu wollen. Die baden-württembergische AfD ist tief gespalten zwischen gemäßigt-konservativen Mitgliedern und dem völkisch-nationalen Lager.
Die Wahl war notwendig, um die Nachfolge von Alice Weidel zu regeln, die sich auf ihre Berliner Ämter als Bundesparteichefin und Co-Fraktionsvorsitzende konzentrieren will und nicht mehr für den Landesvorsitz kandidierte.
Weidel und Chrupalla greifen Verfassungsschutz an
Zu Beginn des Parteitags am Samstagmorgen erklärte die Bundesspitze der Partei, mit allen Mitteln gegen die Beobachtung durch den baden-württembergischen Verfassungsschutz kämpfen zu wollen. "Wir lassen uns als Alternative nicht kaputt machen", sagte Parteichef Tino Chrupalla.
Co-Bundesparteichefin Weidel sagte zur Eröffnung, man werde nicht tatenlos zusehen, wie man die AfD ausgrenzen und mundtot machen wolle. Außerdem äußerte sie sich am Rande der Veranstaltung gegenüber der Deutschen Presse-Agentur kritisch gegenüber etablierten Medien.
AfD-Landesparteitag vom 2. und 3. Juli verschoben
Eigentlich war der Landesparteitag der baden-württembergischen AfD am 2. und 3. Juli in der Stuttgarter Carl-Benz-Arena geplant. Allerdings hatte der Hallenbetreiber zunächst den Mietvertrag mit der Partei gekündigt. Eine Eilentscheidung des Landgerichts Stuttgart hatte ihn nach einer Klage der AfD gegen die Kündigung dazu verpflichtet, den Vertrag einzuhalten. Laut Hallenbetreiber gab es aber eine außergerichtliche Einigung.