An zunächst einem Wochenende will Stuttgart Fahrten in seinen Bussen und Bahnen kostenlos anbieten - vom 18. bis zum 19. September. Ein Testlauf sei das, sagte City-Manager Sven Hahn. Ziel sei es vor allem, das Leben zurück in die Innenstadt zu bringen, damit Handel und Kultur genauso profitieren könnten wie die Gastronomie.
Aktions-Wochenende kostet die Stadt 450.000 Euro
450.000 Euro lässt sich die Stadt Stuttgart das Wochenende mit Gratis-ÖPNV kosten. So hoch sind laut VVS-Geschäftsführer Horst Stammler die Mindereinnahmen. In der baden-württembergischen Hauptstadt scheint auch eine Fortsetzung dieser Gratis-Wochenenden möglich. Werde das Premieren-Wochenende zum Erfolg, sei der Weg frei für vier Wochenenden mit kostenlosem ÖPNV im Jahr, so City-Manager Hahn. Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) habe sich offen dafür gezeigt, sagt City-Manager Hahn.
Zusätzlich zu dieser Aktion können bundesweit alle, die ein Abo eines Verkehrsverbundes haben, bis zum 26. September in den meisten anderen Städten und Regionen Deutschlands kostenlos mit dem ÖPNV unterwegs sein:
Dankeschön vom Nahverkehr ÖPNV-Abo Upgrade: Gratis Bus und Bahn fahren
Bundesweit können bis 26. September alle, die ein Abo eines Verkehrsverbundes haben, in den meisten anderen Städten und Regionen Deutschlands kostenlos mit dem ÖPNV unterwegs sein.
In Baden-Württemberg nähern sich bereits mehrere Kommunen dem Versuch, einen kostenlosen Nahverkehr anzubieten, um die Städte vom Autoverkehr zu entlasten oder den Handel zu unterstützen.
Tübingen: Keine Tickets für Fahrten an Samstagen
Platzhirsch bleibt Tübingen. In der Neckarstadt müssen Stadtbewohner und Touristen seit 2018 keine Tickets mehr ziehen, wenn sie samstags die Buslinien nutzen wollen. Die Stadtwerke Tübingen (swt) sind zufrieden mit der Entwicklung: Die Zahl der Fahrgäste habe sich samstags von 30,1 Menschen pro Fahrt im Jahr vor der Aktion auf danach 34,7 und schließlich 38,5 Fahrgäste im Jahr 2019 erhöht, sagt swt-Sprecher Ulrich Schermaul. Für das vergangene Jahr liegen wegen der Pandemie keine vergleichbaren Zahlen vor.
Ulm: Bis Ende des Jahres Gratisfahrten an Samstagen
Auch in Ulm kann samstags gratis gefahren werden, das Angebot gilt aber nur noch bis Ende des Jahres. Denn der ticketfreie Samstag sollte seit April 2019 für Großbaustellen und den Wegfall von Tiefgaragenplätzen entschädigen und den Handel unterstützen. "Der kostenlose Nahverkehr sollte als Signal verstanden werden, dass die Ulmer Innenstadt erreichbar bleibt", sagt eine Sprecherin der Stadt. Pro Jahr sei knapp eine Million Euro an den Nahverkehrsverbund DING überwiesen worden. Der Gemeinderat hatte im Sommer gegen eine Fortsetzung des Modells gestimmt. Schließlich werde bald die Tiefgarage eröffnet, argumentierten die Gegner des Freifahrens.
Walldorf: Ab nächstem Jahr kostenloser ÖPNV geplant
In Walldorf (Rhein-Neckar-Kreis), Sitz des lukrativen Gewerbesteuerzahlers SAP, will man ab dem kommenden Jahr den nächsten Schritt gehen: "Einfach einsteigen" heißt es dort ab dem 1. Januar. Als erste Stadt in Baden-Württemberg führt die Kommune das kostenlose Busfahren ein, nachdem es für Walldorfer schon seit 2013 möglich gewesen war, zum halben Preis zu fahren. Man erwarte sich eine "deutliche Reduzierung der Autofahrten von und zur Stadtmitte, zum Bahnhof, zum Industriegebiet und zum Sport- und Freizeitzentrum sowie bei den sogenannten Elterntaxen", sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende im Walldorfer Gemeinderat, Manfred Zuber. Die Stadt wird die ausfallenden Einnahmen des Verkehrsverbunds Rhein-Neckar in Höhe von jährlich 53.000 Euro ausgleichen. Nach zwei Jahren soll geprüft werden, wie sich die Fahrgastzahlen entwickelt haben.
Verkehrsminister warnt vor zu hohen Kosten für Land und Kommunen
Walldorf sei eine Ausnahme, meint Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). Öffentliche Verkehrsmittel dauerhaft kostenlos anzubieten, erfordere erheblich mehr Zuschüsse als ein ticketfreies Wochenende. "Schon heute ist jedes Ticket etwa zur Hälfte von der öffentlichen Hand gefördert", sagt Hermann. "Das heißt die Aufgabenträger Land, Verkehrsverbünde oder Kommunen müssten die Mittel zur Kostendeckung mindestens verdoppeln."
An bestimmten Tagen wie zum Beispiel an einem langen Samstag, einem verkaufsoffenen Sonntag oder als Werbemaßnahme fürs Um- und Einsteigen in den öffentlichen Nahverkehr kann sich Hermann kostenlose Angebote dagegen als "eine gute Sache" vorstellen. "So können Menschen, die den ÖPNV bisher nicht nutzen, die Alternativen zum Autofahren kennenlernen", meint er.
Karlsruhe, Heilbronn, Mannheim, Reutlingen und Herrenberg gehen andere Wege
Städte wie Karlsruhe und auch Heilbronn halten sich daher auch streng zurück und verweisen auf besondere Preismodelle und Angebote, mit denen Abonnenten überzeugt oder gehalten werden sollen. In der Fächerstadt und in Heilbronn fiel die "Barriere Fahrpreis" 2019 zumindest an den Adventssamstagen, um den Verkehr zu entlasten. Zum Vorgehen in der kommenden Adventszeit gibt es noch keine Entscheidung der HNV (Heilbronner-Hohenloher-Haller-Nahverkehr GmbH), sagt eine Heilbronner Stadtsprecherin.
Als frühere Modellstädte des Bundes gehen auch Mannheim, Reutlingen und Herrenberg andere Wege. Mit einer millionenschweren Förderung durch den Bund standen dort unter anderem reduzierte Jobtickets und Digitaltarife, Lkw-Durchfahrtsverbote und Tempolimits, ein neuer Citybus oder subventionierte Einzel- und Monatstickets im Stadtgebiet hoch im Kurs.