Es bleibt frostig in Baden-Württemberg, und damit hart für viele Menschen, die auf der Straße leben. Kältebusse sind in einigen Städten unterwegs und verteilen Heißgetränke. Übernachtungsmöglichkeiten haben wieder geöffnet. Nicht wegschauen, sondern helfen, appellierte Baden-Württembergs Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) am Montag. Dabei können bereits kleine Taten Leben retten.
Obdachlosen fehlt es an warmer Kleidung und Schlafsäcken
Daniel Knaus verteilt in Stuttgart Schlafsäcke und warme Kleidung an obdachlose Menschen. Man merke ihnen an, dass sie unter der Kälte leiden, erzählt der Redakteur der Straßenzeitung Trott-war: "Die Menschen sind in deutlich schlechterer Verfassung, teils kognitiv verlangsamt durch die Kälte. Körperliche Merkmale deuten darauf hin, dass es den Menschen wirklich nicht gut geht, dass sie gefährdet sind."
Vielen von ihnen fehle es jetzt noch an warmen Pullis oder Isomatten. Das Problem: Wer auf der Straße lebt, kann diese Ausrüstung nicht auf Vorrat halten. "Obdachlose Menschen haben ja keinen Kleiderschrank", sagt Knaus. Sie würden also doch immer wieder vom Kälteeinbruch überrascht und müssten sich dann innerhalb kurzer Zeit mit dem Notwendigen eindecken.

Spenden oder Menschen direkt ansprechen
Trott-war nimmt in Stuttgart Sachspenden entgegen. Auch wohltätige Einrichtungen in anderen Städten sammeln beispielsweise Pullover und Jacken und bieten sie in Kleiderkammern für wenig Geld an. Noch besser sei aufsuchende Hilfe, sagt Knaus:
"Der Königsweg ist natürlich immer, wenn man obdachlose Menschen direkt freundlich anspricht und sie fragt, was sie brauchen."
Nicht nur Winterausrüstung sei willkommen, auch für Heißgetränke seien die Leute dankbar. Auch da gilt: Vorher fragen, was es sein darf. "Das ist unter Obdachlosen häufig so eine Art Running Gag, dass man ständig einen Kaffee spendiert bekommt", sagt Knaus - nach dem dritten werde es dann etwas viel. Auch ein paar Münzen könnten bedeuten, dass obdachlose Menschen sich drinnen aufwärmen können, in einem Café beispielsweise, oder vielleicht mal im Kino oder Museum.
Notruf wählen, um Kältetod zu verhindern
"Für Obdachlose können kalte Nächte lebensgefährlich sein", mahnt Sozialminister Lucha. Wer sich nicht sicher sei, ob sich ein obdachloser Mensch in einer Notsituation befinde, solle nicht davor zurückschrecken, die 112 zu wählen. Ein Notruf könne Leben retten.
Das Ministerium weist darauf hin, dass Kommunen und karitative Organisationen auch in diesem Winter Wärmestuben und Nachtquartiere für Wohnungslose zur Verfügung stellen. Laut Statistischem Bundesamt sind in Baden-Württemberg 36.000 Menschen wegen Wohnungslosigkeit in Notunterkünften untergebracht - neben Nordrhein-Westfalen die meisten in Deutschland.
Schutz vor Erfrierungstod: Viele wohltätige Organisationen bieten Übernachtungsmöglichkeiten für obdachlose Menschen, wie beispielsweise die Aufbaugilde in Heilbronn:
Kommen Notunterkünfte an ihre Grenzen?
Die Kommunen in Deutschland sind verpflichtet, wohnungslose Menschen vorübergehend unterzubringen. Bei den Notunterbringungen handle es sich jedoch häufig um "prekäre Provisorien", beklagt Simon Näckel von der Liga der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg, einem Zusammenschluss mehrerer Wohlfahrtsverbände. Teils fehle es an Betten, Matratzen oder Duschen oder die Häuser seien nicht gut isoliert. Auch hätten viele Unterkünfte nur nachts geöffnet, tagsüber müssten die Menschen dann wieder in die Kälte auf die Straße.
280.000 Euro stellte das Land Baden-Württemberg den Kommunen im November für zusätzliche Notunterkünfte zu Verfügung. Oft sei der Wohnraum aber schlicht begrenzt, sagt Näckel: "Es wird zunehmend auf Provisorien zurückgegriffen, Container aufgestellt, Garagen angemietet oder ähnliches. Und da merken wir, dass man an die Grenzen kommt."
Gute Versorgung Obdachloser in Friedrichshafen
Nicht überall scheint es solche Probleme zu geben. In Friedrichshafen beispielsweise laufe alles mehr oder weniger vorbildlich, berichtet Streetworker Florian Nägele: "Es gibt eine Unterkunft, wo sich Obdachlose aufwärmen können. Da gibt es nachmittags auch eine Teestube."
Ergänzt werden die Angebote der Kommunen häufig durch Tagesstätten oder Teestuben von Wohlfahrtsverbänden und Hilfsorganisationen. Zwar nicht flächendeckend, so Näckel, aber immerhin großflächig. Wichtig sei in jedem Fall, dass die Bevölkerung mit offenen Augen durch die Straßen gehe und Hilfe anbiete.