Winfried Kretschmann (Bündnis 90Die Grünen, l), Ministerpräsident von Baden-Württemberg, und Thekla Walker (Bündnis 90Die Grünen), Umweltministerin von Baden-Württemberg, kommen im Bürger- und Medienzentrum des Landtags von Baden-Württemberg zu einer Regierungs-Pressekonferenz. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Marijan Murat)

Verbindliche Ziele vereinbart

Baden-Württemberg verschärft Klimaschutzgesetz

Stand

Das Land will mit ehrgeizigen Zielen die Einsparung von Treibhausgasen vorantreiben. Klimaverbänden sind einige Vorgaben im neuen Klimaschutzgesetz aber zu unkonkret.

Das Kabinett in Baden-Württemberg hat die Neufassung des Klimaschutzgesetzes beschlossen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Landesumweltministerin Thekla Walker (beide Grüne) sprachen am Dienstag in Stuttgart von einem "großen Erfolg". Das Gesetz schreibt unter anderem CO2-Einsparziele für unterschiedliche gesellschaftliche Bereiche vor. Jedes Jahr soll von Sachverständigen überprüft werden, ob die Maßnahmen ausreichen. Das Gesetz sieht aber keine Möglichkeit vor, die Ziele einzuklagen.

Kretschmann: Wirksame Maßnahmen im Landesrecht verankern

Ministerpräsident Kretschmann sagte, die Umweltereignisse der vergangenen Wochen hätten die Notwendigkeit des Klimaschutzes deutlich unterstrichen. Es sei wichtig gewesen, mit dem Klimaschutzgesetz "wirksame Maßnahmen im Landesrecht zu verankern", um die Klimaziele zu erreichen. Bis 2030 soll der CO2-Ausstoß über alle Bereiche hinweg um die Hälfte gesenkt werden. Zudem will das Land bis 2040 klimaneutral werden.

Klimavorgaben für Verkehr, Straßenbau und Gebäude

Unter anderem wurden im Klimaschutzgesetz sogenannte Sektorenziele beschlossen - also konkrete Vorgaben für Bereiche wie Landwirtschaft, Straßenbau und Gebäude, um den CO2-Ausstoß zu senken. Gerade im Gebäudebereich steht das Land vor großen Herausforderungen. Im Jahr 1990 wurden hier mehr Treibhausgase ausgestoßen als im Verkehr, nämlich 21 Millionen Tonnen. Bis 2019 hat sich das etwas gebessert auf 17,6 Millionen Tonnen. Doch bis 2030 soll dieser Wert auf 10,7 Millionen Tonnen sinken, das wäre ein Minus von 39 Prozent.

Und das erfordert massive Investitionen in Dämmung und erneuerbare Energien bei Wärme- und Stromerzeugung. BW-Umweltministerin Walker verwies darauf, dass die Kommunen künftig auch die Eigentümer von älteren Gebäuden zwingen können, sich an ein neues Wärmenetz anzuschließen. Außerdem werde es eine Solarpflicht für landeseigene Gebäude geben und auch beim Denkmalschutz soll der Photovoltaik Vorrang eingeräumt werden.

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Nachhaltigkeit zentrale Rolle bei Investitionen wie Bauvorhaben

Unter anderem wird auch ein "CO2-Schattenpreis" eingeführt. Damit soll die klimaschädliche Wirkung von Investitionen - beispielsweise bei Bauvorhaben - in die wirtschaftliche Bewertung einfließen. So könne sich etwa zeigen, dass Vorhaben kurzfristig zwar kostspieliger sind, sich langfristig aber rentieren, weil sie klimaschonender sind, so Walker.

Die Landesumweltministerin hob die Bedeutung des Klimaschutzgesetzes hervor. Man sei insbesondere mit den rechtlich verbindlichen Sektorzielen nun einen Schritt weitergegangen. "Das hat kein anderes Bundesland so im Klimaschutzgesetz stehen", sagte Walker.

"Das ist nicht ein Wünsch-Dir-Was, sondern das ist verbindlich. Es kann nicht verschoben oder ausgewichen werden. Jeder Bereich muss liefern."

Der Fraktionsvorsitzende des Koalitionspartners, Manuel Hagel (CDU), lobte das Klimaschutzgesetz. "Mit dem Klimaschutzgesetz weisen wir den Weg in ein nachhaltiges Industriezeitalter und übernehmen dabei eine Führungsrolle", sagte Hagel. Wohlstand sei nur von Dauer, wenn jede Investition auch nachhaltig sei. Der umweltpolitische Sprecher im Landtag, Raimund Haser (CDU), sagte: "Das Klimaschutzgesetz definiert klare Ziele, zeigt Handlungsoptionen auf, verpflichtet den Staat und gibt der Wirtschaft sichere Rahmenbedingungen."

Umweltverbände kritisieren Klimaschutzgesetz

Für das neue Gesetz gab es aber auch viel Kritik. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke hält die Klimaziele für überzogen. "Der Ministerpräsident überführt sich selbst mit völlig unrealistischen Plänen der Hochstapelei." Die SPD forderte Grün-Schwarz auf, endlich mutige Schritte zu gehen, statt ständig neue Ziele zu formulieren.

Auch Umweltverbänden gehen manche Maßnahmen nicht weit genug. So würden vor allem für den Verkehrsbereich klare Vorgaben fehlen. Der Verkehr ist aktuell für einen großen Teil der CO2-Emissionen im Land verantwortlich. Umweltministerin Walker betonte, dass mit dem Klimaschutzgesetz eine Grundlage geschaffen worden sei. Die detaillierten Schritte müssten nun von den einzelnen Ressorts noch ausgearbeitet werden.

BUND: Entwurf wird Ernst der Lage nicht gerecht

Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) sagte der Deutschen Presse-Agentur dazu: "Im Klimaschutzgesetz sind Kreiskoordinatorinnen und -koordinatoren für Mobilität und Klimaschutz, Photovoltaik an Verkehrswegen sowie weitere Regelungen für die Verkehrswende und nachhaltige Mobilität enthalten." Alles andere komme später: "Da das Verkehrsministerium derzeit ein Landesmobilitätsgesetz erarbeitet, haben wir auf weitere Differenzierungen im Klimaschutzgesetz verzichtet."

Der BUND sieht darin das größte Manko des Entwurfs. "Das wird dem Ernst der Lage absolut nicht gerecht", sagte Landeschefin Sylvia Pilarsky-Grosch. Zudem gebe es viele Soll- statt Muss-Bestimmungen und es fehlten Sanktionsmöglichkeiten, wenn Ziele nicht erreicht würden. Der Entwurf sei geprägt von "Unverbindlichkeit".

NABU fordert schnelles Handeln der Ministerien

Der Landesverband des Naturschutzbundes (NABU) bezeichnete das Klimaschutzgesetz hingegen als "Meilenstein". "Das Gesetz allein wird allerdings nicht automatisch zu mehr Klimaschutz führen. Entscheidend ist die konsequente Umsetzung der konkreten Klimaschutz-Maßnahmen durch die Ministerien, Kommunen und Unternehmen", sagt der Landesvorsitzende Johannes Enssle.

Das grün-schwarze Kabinett will die Novelle des Klimaschutzgesetzes noch in diesem Jahr in den Landtag einbringen.

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