Wer wegen nicht gezahlter Geldstrafen - zum Beispiel wegen Ladendiebstahl, Schwarzfahren oder Trunkenheit auf dem Fahrrad - vor einem Gefängnisaufenthalt steht, soll künftig mehr Hilfe vom Land Baden-Württemberg angeboten bekommen. Nach einem erfolgreichen Pilotprojekt sollen nun überall Gerichtshelfer im direkten Kontakt die Schuldner über die Möglichkeit von Ratenzahlungen und gemeinnütziger Arbeit informieren, wie das Justizministerium am Freitag mitteilte. Das soll im Rahmen von bis zu zwei Hausbesuchen passieren.
Viele Vorteile schon jetzt ersichtlich
Ziel ist es, zu vermeiden, dass die Betroffenen eine sogenannte Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen müssen. Das hat nach Angaben des Ministeriums mehrere Vorteile: Den Menschen bleibt der Aufenthalt hinter Gittern erspart. Die Staatskasse muss nicht rund 100 Euro pro Kopf und Tag zahlen. Und die ohnehin vollen Gefängnisse werden entlastet.
Justizminister Wolf will unnötige Härte vermeiden
Dem Plan zufolge schließen Gerichtshelfer schriftliche Tilgungsvereinbarungen mit den Klienten ab. Sie erinnern diese an den jeweiligen Zahlungstermin. Justizminister Guido Wolf (CDU) sagte: "Oftmals zahlen die Menschen aus reiner Überforderung oder aus Unkenntnis der Tilgungsmöglichkeiten nicht. Es ist daher richtig, diesen Menschen, die oft unabhängig von ihrer Verurteilung in einer schwierigen Lebenssituation sind, nochmals die Möglichkeit zu geben, die Ersatzfreiheitsstrafe abzuwenden."
Erfolge bei ersten Maßnahmen
In der Pilotphase in Zusammenarbeit mit den Staatsanwaltschaften Mannheim und Tübingen sowie den Einrichtungen der Bewährungs- und Gerichtshilfe in Mannheim und Reutlingen wurde in 296 von 504 Fällen eine Tilgungsvereinbarung - entweder mit Ratenzahlung oder gemeinnütziger Arbeit - abgeschlossen. Nach den Rückmeldungen der Pilot-Staatsanwaltschaften konnten bis zum Stichtag bereits 2.940 Hafttage vermieden werden.