Erst vor drei Jahren hatten Mercedes und BMW aus ihren beiden Diensten (car2go und DriveNow) ein gemeinsames Angebot gemacht. Share Now wurde so - eigenen Angaben zufolge - der größte europäische Anbieter von stationsunabhängigem Carsharing mit rund 11.000 Fahrzeugen in 16 europäischen Städten und rund 3,4 Millionen Kundinnen und Kunden. Über einen Verkauf wurde schon länger spekuliert.
Share Now hatte jahrelang Millionen verschlungen
Dabei gilt Carsharing als eine Säule der Mobilitätswende, viele Städte setzen darauf. Und auch die Autokonzerne haben einige Energie hineingesteckt. Dennoch kommt der Sinneswandel nicht ganz überraschend. Seit einer Weile deutete es sich an, dass Share Now nicht mehr zum Kurs von Mercedes und BMW passt, finanziell nicht und auch nicht strategisch.
Das Konzept: In verschiedenen Städten - wie beispielsweise Stuttgart - werden Smarts verteilt, mit denen die Nutzerinnen und Nutzer von Share Now spontan losfahren können. Nach der Fahrt können die Wagen überall innerhalb des Nutzungsgebiets wieder abgestellt werden. Flexibel für die Fahrenden, für die Anbieter allerdings mit hohen Kosten und einem großen Kapitaleinsatz verbunden. So hat das Konzept jahrelang viel Geld verschlungen; dreistellige Millionenbeträge.
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Konzernchefs Zipse und Källenius haben neue Prioritäten
Die neuen Konzernchefs in Stuttgart und München, Zipse und Källenius, haben andere Prioritäten. Die Share Now-Flotte wurde bereits im vergangenen Jahr halbiert, es wurden erstmals auch Fiat-Autos in die Flotte aufgenommen, also nicht mehr nur BMWs und Mercedes, und es wurden Partner gesucht, die die Autos zur Verfügung stellen.
Bei Mercedes Benz fährt man aktuell verstärkt eine Luxus-Strategie. Das Ziel: Jeder soll sich sein eigenes Luxusauto kaufen. Carsharing scheint da nicht ins Gesamtkonzept zu passen.
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Pandemie-Gewinner: Carsharing
Durch die Pandemie ist zwar das Interesse der Kunden, die sonst Bus oder Bahn gefahren sind, gestiegen, auch bei Share Now. Am Ende hat die Bilanz trotzdem nicht mehr gepasst. Share Now hatte schon früh einen hohen Anteil an E-Autos, ein Viertel europaweit. Dieser Anteil ist teuer und auch die Ladeinfrastruktur muss gewährleistet werden. Offenbar haben viele Städte zusätzlich Druck ausgeübt, diese weiter auszubauen. Das hätte erneut enorme Kosten verursacht. Und natürlich stellen auch die hohen Energiepreise für Carsharing-Anbieter eine große Unsicherheit dar.
Mercedes und BMW wollen weiter zusammenarbeiten
Mercedes-Benz und BMW wollen ihren gemeinsamen E-Auto-Ladedienst Charge Now und ihre Mobilitäts-App Free Now ausbauen. Die App bietet Kunden über Partner wie Sixt, Miles oder auch Share Now Zugriff auf 180.000 Fahrzeuge in über 150 Städten sowie E-Scooter, E-Bikes, Chauffeur-Autos und Taxis.
"Wir sind stolz darauf, mit car2go das Segment des Free-floating Carsharing begründet zu haben. Auch wenn sich Mercedes-Benz künftig stärker auf das Kerngeschäft im Luxussegment konzentriert, bleibt Carsharing ein wichtiger Bestandteil der urbanen Mobilität und bei FREE NOW ein wesentliches Element im Mobilitätsangebot."
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Branchenkenner: Schnäppchenpreis für Share Now
In einem Interview mit dem Handelsblatt erklärte Ferdinand Dudenhöffer, Leiter des Center Automotive Research (CAR), dass Stellantis für den Erwerb von Share Now wohl lediglich einen Schnäppchenpreis bezahlen musste: "Für Stellantis mit seinem großen Markenportfolio dürfte es ein äußerst preisgünstiger Einstieg sein." Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler schätzt den Kaufpreis auf etwa 250 Millionen Euro.
Carsharing besser beim Massenhersteller als beim Luxusautobauer
Nach Angaben von Stellantis ist das eigene Carsharing-Angebot Free2Move bereits ein profitables Geschäft. Der Konzern will den Nettoumsatz mit Mobilitätsdienstleistungen in den nächsten acht Jahren auf 2,8 Milliarden Euro steigern. Autoexperte Dudenhöffer spricht von einem "Schlussstrich", den Mercedes und BMW nun beim Carsharing ziehen. Aus seiner Sicht ist Share Now ohnehin bei einem Massenhersteller wie Stellantis, zu dem Marken wie Peugeot, Opel, Fiat, Jeep oder Chrysler zählen, besser aufgehoben als bei zwei Anbietern von Luxuskarossen, erklärte er im Handelsblatt.