Noch ist der EQXX von Mercedes Benz nur im Labor getestet worden. (Foto: SWR)

So will der Stuttgarter Autobauer der Krise davonfahren

Mercedes-Benz: Luxus-Strategie mit Risiken?

Stand
AUTOR/IN
Katharina Fortenbacher-Jahn
Katharina Fortenbacher-Jahn, SWR Aktuelle Wirtschaft (Foto: SWR, SWR)

Trotz Krise: Mercedes-Benz steigert Umsatz und Gewinn im dritten Quartal. Und das Gesamtjahr soll noch einmal besser laufen. Die Gründe und die Risiken.

Mercedes-Benz blickt trotz der steigenden Energie- und Rohstoffpreise und des weiter andauernden Kriegs in der Ukraine optimistisch auf das Jahr 2022. Der Konzern rechnet damit, dass mehr Autos verkauft werden und Umsatz und Betriebsgewinn dieses Jahr deutlich über denen des Vorjahres liegen. Für das dritte Quartal meldet Mercedes-Benz ein "solides wirtschaftlichen Ergebnis." Drei Gründe nennt das Unternehmen: eine weiterhin robuste Nachfrage, hohe Verkaufspreise sowie anhaltende Kostendisziplin.

1. Die Nachfrage: Kunden kaufen teure Autos

Die Nachfrage ist da, sogar mehr als der Konzern bedienen kann, und das wirkt sich in der Folge auch auf die Preise aus. Mercedes-Benz berichtet, dass der Anteil der teureren Fahrzeuge am Absatz gestiegen ist. Die Bestellungen überschritten weiterhin das Angebot. Beim Absatz von vollelektrischen Mercedes-Benz Autos steht ein Plus von 183 Prozent im dritten Quartal. Der Auftragsbestand reiche bis ins kommende Jahr, sagte Finanzchef Harald Wilhelm. Umgekehrt heißt das: Es lassen sich auch hohe Preise durchsetzen.

"Wir haben keine Absicht, die Listenpreise zu senken und keine Absicht, die Anreize zu verstärken."

2. Das Angebot: Luxus zieht auch in der Krise

Konzernchef Ola Källenius trimmt die Marke auf Luxus und setzt auf Klasse statt Masse. Also auf teurere und renditestärkere Modelle. Das Unternehmen erreiche jetzt schon bei einem Absatz von ein bis eineinhalb Millionen Fahrzeugen die Gewinnschwelle im Vergleich zu zwei Millionen vor der Corona-Krise, sagte Harald Wilhelm.

Für das dritte Quartal meldet Mercedes-Benz beispielsweise im Bereich "Core Luxury" ein Absatzplus von 100.000 Fahrzeugen auf 293.000. Im Jahr 2021 konnte Mercedes mit den Top-End-Fahrzeugen einen Verkaufsrekord verzeichnen, wozu Mercedes-Maybach, AMG, die G-Klasse, die S-Klasse, GLS und EQS gehören. Luxusautos verkaufen sich also weiterhin gut.

Steigende Zahl wohlhabender Menschen?

Als Grund hat das Unternehmen gegenüber der Tagesschau zuletzt die steigende Zahl wohlhabender Menschen weltweit genannt. Damit stiegen potentielle Absatzchancen. Im Fokus stünden daher Top-End Luxury, Core Luxury und Entry Luxury. Das Segment sei zudem im historischen Vergleich widerstandsfähiger und krisensicherer.

Zur Kategorie "Top-End Luxury" gehören etwa Maybach, AMG, die S-Klasse und G-Klasse und Top-End-Modelle von Mercedes EQ. Zu "Core Luxury" die E-Klasse und C-Klasse. "Entry Luxury" gilt als Einstiegskategorie.

Ein Mercedes Benz EQS SUV fährt eine Küstenstraße entlang (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance/dpa/Mercedes-Benz AG | Mercedes-Benz AG)
Ein EQS SUV ist ein Elektromodell der Ober- und Luxusklasse.

Auslaufmodelle Mercedes A- und B-Klasse?

Dabei deutet sich an, dass die aktuellen Einstiegsmodelle A- und B-Klasse in dieser Strategie absehbar keinen Platz mehr haben. Berichte dazu ließ Mercedes-Benz bisher unkommentiert.

Autoexperten sehen in der Luxusstrategie viele Vorteile.

"Im Moment hat die Luxusstrategie große Vorteile. Große Autos bringen große Gewinne."

Außerdem könnten knappe Bauteile auf weniger Fahrzeuge verteilt werden, sagte Bratzel. Steigende Rohstoff- und andere Preise könnten leichter an Kunden weitergegeben werden.

Autoanalyst: Mercedes international hoch angesehen

Auch der LBBW-Autoanalyst Frank Biller sieht in der Luxus-Strategie den richtigen Weg. im Gespräch mit dem SWR sagte Biller, Mercedes sei derzeit einer der erfolgreichsten Hersteller im Premium-Bereich, das sehe man schon an den Margen und langen Lieferzeiten. Die Marke sei international hoch angesehen.

"Hier ist es nur richtig und konsequent, sich auf dieses obere Segment zu konzentrieren. Die momentanen Erträge zeigen, es funktioniert."

Die Luxusstrategie hat auch Risiken

Gleichzeitig sehen Experten auch Risiken in der Luxusstrategie. Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer weist auf SWR-Anfrage erneut auf Größenvorteile hin, die Autobauer wie Mercedes-Benz verlieren könnten. Denn bei so kleinen Stückzahlen verzichte man auf die Kostenvorteile durch die reine Größe bei einer Massenproduktion, wenn sich Kosten auf eine große Stückzahl umlegen ließen. Und zwar von der Produktion über die Bauteile bis hin zur technologischen Weiterentwicklung.

"Skaleneffekte werden in der elektromobilen Zukunft viel wichtiger."

Auto-Experte Dudenhöffer sieht einen Verzicht auf Einstiegsmodelle daher kritisch.

Auf ein weiteres Risiko der Luxus-Strategie hat Weert Canzler vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung im Gespräch mit der Tagesschau hingewiesen. Kleine, sparsame Autos gerieten außer Blick. Es würden gigantische Mengen an Strom gebraucht und irrsinnige Ressourcen für Batterien verwendet, sagte Canzler. Zudem mache sich Mercedes-Benz durch die Luxus-Strategie noch stärker von China abhängig. "Gesellschaftlich ist das desaströs", so Canzler.

Audio herunterladen (40,1 MB | MP3)

Stuttgart

Zahlen im dritten Quartal Mercedes steigert Umsatz und Gewinn deutlich

Mercedes-Benz hat zwischen Juli und September deutlich mehr Fahrzeuge verkauft als im Vorjahreszeitraum. Der Stuttgarter Autohersteller steigerte deshalb Umsatz und Gewinn.

SWR Aktuell Baden-Württemberg SWR Fernsehen BW

Stuttgart

Autohersteller will ressourcenschonender produzieren Mehr Nachhaltigkeit: Mercedes-Benz setzt sich neue CO2-Ziele

Weniger CO2 in der Produktion, mehr E-Autos, höhere Menschenrechtsstandards in der Lieferkette: Mercedes hat seine Nachhaltigkeitsziele nachgeschärft.

Stand
AUTOR/IN
Katharina Fortenbacher-Jahn
Katharina Fortenbacher-Jahn, SWR Aktuelle Wirtschaft (Foto: SWR, SWR)