Am ersten Tag der Versammlung des Städtetags Baden-Württemberg war die Zielrichtung bereits klar: Mehr Tempo beim Ausbau der Erneuerbaren Energien und beim Energiesparen. Gleichermaßen warnte man jedoch auch vor einer Überforderung der Kommunen.
Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) stimmte in diesen Tenor ein. In seiner Rede sprach er von einer großen Herausforderung, vor der man wegen der Energiekrise und des Ukraine-Krieges stehe. Der Ministerpräsident sprach von einer dramatischen Inflation: Alles werde teurer, zum Beispiel Energie und Lebensmittel. Man müsse jetzt zusammenhalten, damit die Gesellschaft nicht auseinanderbricht.
Nachholbedarf bei Solaranlagen auf Hausdächern
Beim Thema Klimaschutz stünden die Menschen ebenfalls vor großen Herausforderungen, so Kretschmann. Erstens gehe es zu langsam: Hinsichtlich der Planungen, klimaneutral zu bauen, müsse man schneller vorankommen. Zweitens gehe es jetzt um die Frage, wie sich Städte dem Klimawandel anpassen können. Kretschmann zeigte sich offen für einen Klimaschutzfond. Über viele kleine Schritte, die beim Thema Energiesparen in Summe zum Erfolg führen können sagte Kretschmann:
Der Grünen-Politiker sieht großen Nachholbedarf bei Solaranlagen auf Hausdächern in vielen Kommunen. Er habe eine Rangliste vorliegen, die zeige, dass es "drastische Unterschiede" zwischen Städten und Kreisen in Baden-Württemberg bei Photovoltaikanlagen pro Einwohner gebe. "Da war ich echt geplättet", sagte Kretschmann.
Spitzenreiter sind nach der Rangliste des Staatsministeriums, die dem SWR vorliegt, die Kreise Schwäbisch Hall, Biberach und Sigmaringen. Demnach produzieren Photovoltaikanlagen auf Dächern im Kreis Schwäbisch Hall fast 1.800 Watt pro Einwohnerin und Einwohner. Im Kreis Biberach sind es rund 1.700 Watt und im Kreis Sigmaringen rund 1.600 Watt. Weniger gut sieht es vor allem in den großen Städten im Land aus. Schlusslichter sind Karlsruhe mit 164 Watt pro Einwohnerin und Einwohner, Heidelberg mit 148 Watt und die Landeshauptstadt Stuttgart mit 82 Watt.
Viele Kommunen müssten beim Ausbau der Erneuerbaren Energien dringend nacharbeiten, sagte Kretschmann. "Das sind große Aufgaben für Sie", rief er den Oberbürgermeistern und Bürgermeistern auf der Versammlung zu.
SWR-Reporter Philipp Behrens mit Eindrücken aus Heidelberg
Peter Kurz: "Leistungsversprechen überprüfen"
Städtetagspräsident Peter Kurz (SPD) forderte am Freitag dazu auf, "Leistungsversprechen" zu überprüfen. Gemeint war beispielsweise der geplante Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in den Grundschulen. Die Kommunen hätten weder das nötige Geld noch das Personal, diesen vom Bund festgelegten, stufenweisen Rechtsanspruch ab dem Schuljahr 2026/2027 umzusetzen, sagte Kurz. Das sei völlig unvorstellbar. Bund und Land müssten deutlich mehr Mittel zur Verfügung stellen oder die Standards senken.
Peter Kurz: Nötige Investitionen schwer zu stemmen
Städtetagspräsident Kurz warnte zum Auftakt der Veranstaltung darüber hinaus, die für die Wärmewende nötigen Investitionen könnten nicht auf einen Schlag und aus laufenden Einnahmen von den Gemeinden getätigt werden. Wenn zudem immer wieder erklärt werde, dass es für Klimaschutz keine Verschuldung geben dürfe, werde man den Herausforderungen nicht gerecht.
Kurz sagte, dass es beim Klimaschutz um Geld gehe, über das in Baden-Württemberg überhaupt nicht gesprochen werde. Das könne so nicht bleiben.
Es müsse einen Quantensprung beim Ausbau der Erneuerbaren geben, forderte auch Eckart Würzner (parteilos), Oberbürgermeister von Heidelberg. Gesetze müssten entschlackt und Genehmigungsverfahren etwa für Radwege oder Windräder drastisch vereinfacht werden.
Mit dieser Geschwindigkeit werde man die Klimaschutzziele nicht erreichen, sagte Würzner weiter. Man sei bei politischen Entscheidungen nicht bereit, Prioritäten zu setzen.
Motto "Stadt macht Klima - Den Wandel gestalten"
In Heidelberg tagten bis Freitag rund 500 Bürgermeister, Oberbürgermeister und Gemeinderäte. Das Motto des diesjährigen Treffens des Städtetags Baden-Württemberg war "Stadt macht Klima – Den Wandel gestalten". Dazu gab es Diskussionen, Workshops und Exkursionen.