Ausbildung mit über 50 (Foto: SWR)

Ausbildung mit über 50

Von der Supermarktkassiererin zur Pflegefachkraft

STAND
AUTOR/IN
Susanne Bessler

Isolde Hache-Neutzner aus Sinsheim (Rhein-Neckar-Kreis) hat mit 50 Jahren ihr Leben komplett geändert. Früher saß sie bei einem Discounter an der Kasse, jetzt ist sie examinierte Krankenpflegerin.

Mut gehört schon dazu, um das zu tun, was Isolde Hache-Neutzner aus Sinsheim gewagt hat. Sie gab ihren sicheren Job an der Kasse eines Discounters auf und drückte nochmal vier Jahre lang die Schulbank. Die einjährige Ausbildung zur Krankenpflegehelferin finanzierte sie aus ihren Ersparnissen. Doch als sie in allen Fächern mit einer glatten Eins die Prüfungen bestand, war klar: Sie will weitermachen - die dreijährige Ausbildung zur Krankenpflegerin. Doch wie sollte sie das bezahlen?

Hilfe vom Arbeitsamt und von der Klinik

Angesichts des Fachkräftemangels in der Pflege und der großen Motivation ihrer 53-jährigen Auszubildenden, fanden die GRN Kliniken in Sinsheim eine Lösung: Die ersten zwei Ausbildungsjahre finanzierte das Arbeitsamt, das dritte Jahr die Klinik. Schließlich war Isolde Hache-Neutzner ja als Pflegehelferin schon voll einsetzbar. So konnte sie noch mit über 50 Jahren ihren Traumjob lernen. Und sie wird dringend gebraucht.

Ausbildung mit über 50 (Foto: SWR)
Ihre Lebenserfahrung hilft Isolde Hache-Neutzner bei der Pflege alter Menschen

Um die bedarfsgerechte Versorgung sicher zu stellen, rechnet die Gewerkschaft ver.di mit einem Bedarf von allein 110.000 zusätzlichen Pflegefachkräften. Prognosen gehen bis 2030 sogar von einem Mehrbedarf von 300.000 Stellen aus.

Der Job ist anspruchsvoll, aber sehr befriedigend

Zurzeit arbeitet die Isolde Hache-Neutzner in der Akutgeriatrie der GRN Klinken in Sinsheim. Der Job dort gefällt ihr besonders gut, weil sie mit alten Menschen zu tun hat. Das liegt ihr besonders, und das spüren die Patienten natürlich.

"Mein größter Lohn ist, wenn ich sehe, dass die betagten Patienten nach einer Hüftoperation oder einem Bruch wieder auf die Beine kommen und hier einfach rausmarschieren. Das ist wunderbar."

Das Alter kann auch ein Vorteil sein

Aufgrund ihres Alters und ihrer Lebenserfahrung hat Isolde Hache-Neutzner einen besonders guten Draht zu den alten Menschen auf der Akutgeriatrie. Vor allem hat sie sehr viel Geduld. Die braucht man mit den alten Menschen, weil sie noch viel selbst machen sollen, um wieder fit zu werden. Das gehört hier zum Konzept. Auch die Ärzte sind hochzufrieden mit ihrer neuen Pflegerin.

"Sie bringt viel Lebenserfahrung mit. Und das ist ein echter Wert im Pflegeberuf. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass auch andere Menschen im Alter von Frau Hache-Neutzner an einer Ausbildung in der Pflege Freude haben könnten. Und sie werden ja dringend gebraucht!"

Wenig Verdienst für große Verantwortung

Allerdings ist die Arbeit auch körperlich anstrengend. Noch dazu der wechselnde Schichtdienst. Isolde Hache-Neutzner verdient jetzt zwar mehr, als früher an der Supermarktkasse, aber für die große Verantwortung die sie nun für viele Patienten trägt, wäre ein höheres Gehalt angemessen, findet sie. Trotzdem würde sie es jederzeit wieder tun.

Rheinland-Pfalz

Krankenpflege in Rheinland-Pfalz Pflegekräfte aus dem Ausland: Erfolgreicher Weg aus der Personalnot?

Der Bedarf an Fachkräften in der Pflege in Krankenhäusern ist hoch. So heißt es immer wieder und insbesondere vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie. Auch im Ausland wird seit Jahren intensiv um Personal geworben. Mit dauerhaftem Erfolg?

Rheinland-Pfalz

Viele Pflegebedürftige, aber zu wenig Pfleger Rheinland-Pfalz droht ein Pflegenotstand

Schon jetzt ist die Lage in der Pflege angespannt, viele Pflegekräfte beklagen, dass sie viel Stress und wenig Zeit für Patienten haben. Es kommt noch schlimmer, sagt die Barmer.

SWR Aktuell Rheinland-Pfalz SWR Fernsehen RP

das ARD radiofeature Das Horrorheim – Profitorientierte Pflege auf Kosten der Betroffenen

Ein Pflegeheim wird zum Fall für die Staatsanwaltschaft. Der Verdacht: Hilflose Senior*innen sollen dort über Jahre vernachlässigt worden sein. Viele Todesfälle werden nun untersucht.

SWR2 Feature SWR2

STAND
AUTOR/IN
Susanne Bessler