Andrea Dittmar ist Vorsitzende des Gesamtelternbeirats in Heidelberg.
SWR Aktuell: Mit welchen Gefühlen schauen Sie auf den Schulstart am Montag?
Andrea Dittmar: Mit gemischten Gefühlen. Auf der einen Seite freuen wir uns, dass die Schule wieder losgeht, dass die Kinder wieder normal in die Schule gehen können. Gleichzeitig bekommt man ja aber auch von allen Seiten mit, dass die Omikron-Variante sehr ansteckend ist und dass damit einfach die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die Kinder sich in der Schule anstecken und das Virus gegebenenfalls auch mit nach Hause bringen.
Tagesschau: Omikron und Unterricht - bleiben Schulen offen?
SWR Aktuell: Gehen Sie davon aus, dass die Schule erst mal planmäßig im Präsenzunterricht startet?
Andrea Dittmar: Ja, absolut. Davon gehe ich aus. Alle Signale, die wir aus der Politik bekommen, gehen ja auch genau in die Richtung. Sei es jetzt auf Bundes- oder auf Landesebene.
Debatte um Schulöffnungen Mannheimer Psychologe: Gigantischer Schaden durch Distanz-Unterricht
Über Sinn und Unsinn geöffneter Schulen trotz Omikron wird derzeit heftig debattiert. Dabei raten vor allem Psychologen zum Präsenzunterricht. Die Vorteile gegenüber dem E-Learning seien enorm.
SWR Aktuell: Was wäre denn, wenn die Schulen nicht planmäßig öffnen können?
Andrea Dittmar: Dann dürfen die Familien wieder mal in den Krisenmodus zurückschalten, wie wir das ja spontan auch in den vergangenen anderthalb Jahren öfter durften. Das wird dann jede einzelne Familie vor wahnsinnig hohe organisatorische Herausforderungen stellen.
Schulschließungen "das allerletzte Mittel der Wahl"
SWR Aktuell: Gesundheitsminister Lauterbach (SPD) plädiert ja wegen der drohenden Welle von Omikron für mehr Kontakt-Beschränkungen. Wäre es da nicht logisch, auch die sehr engen Kontakte in den Schulen weiter zu reduzieren?
Andrea Dittmar: Sicherlich sind Schulen ein Ort, in denen Kinder sehr eng miteinander in Kontakt kommen. Aber wir sind sehr, sehr froh, dass auch auf Landes- oder auf Bundes-Ebene klar ist, dass der Präsenzunterricht etwas ist, an dem man unbedingt festhalten muss. Und dass Schulschließungen wirklich das allerletzte Mittel der Wahl sein sollten - gerade nachdem wir immer wieder versucht haben, auf die Wichtigkeit des Präsenzunterrichts hinzuweisen. Es war ein Prozess, dorthin zu kommen. Wir sind sehr froh, dass das jetzt der Diskussionsstand ist, an dem auch festgehalten wird.
Präsenzunterricht in Schulen "durch nichts zu ersetzen"
SWR Aktuell: Pädagogen sagen ja immer wieder, Präsenzunterricht habe eindeutig Vorteile gegenüber Distanzunterricht. Merken Sie das auch?
Andrea Dittmar: Absolut. Sicherlich hat es Schulen gegeben, die sehr gut umgestellt haben. Und es hat auch Kinder und Jugendliche gegeben, die mit dieser anderen Art des Lernens sehr gut klargekommen sind. Aber es ist ganz eindeutig auch herausgekommen, dass Präsenzunterricht durch nichts zu ersetzen ist und jede Form von Schulschließung zu einer Verschlechterung der Chancengleichheit, der Lernentwicklung und auch der persönlichen Entwicklung von Kindern führt.

Mehr Unterrichtsausfälle wegen Omikron-Ausbreitung möglich
SWR Aktuell: Was würde denn passieren, wenn jetzt wegen Omikron immer mehr Lehrerinnen und Lehrer in Quarantäne müssen?
Andrea Dittmar: Dann wird sich der Lehrermangel, den wir sowieso schon spüren, noch mal deutlich verschärfen. Und es wird dann zu Unterrichtsausfällen kommen. Da stellt sich dann die Frage, wie diese Ausfälle ausgeglichen werden. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) plädiert ja mittlerweile dafür, dass auch darüber nachgedacht wird, die Quarantäne-Zeiten von Lehrern herunterzusetzen - so, wie das auch für andere Berufsgruppen diskutiert wird.
SWR Aktuell: Gehen wir mal davon aus, dass früher oder später möglicherweise doch wieder Fernunterricht beziehungsweise Distanzunterricht nötig sein würde: Sind die Schulen denn darauf inzwischen endlich vorbereitet?
Andrea Dittmar: In meinen Augen nicht. Es gibt Schulen oder auch einzelne Lehrer, die gute Wege gefunden haben. Aber flächendeckend muss man das in meinen Augen verneinen.

Maskenpflicht in Schulen "sehr wirksames Mittel"
SWR Aktuell: Möglichst lange soll es ja hoffentlich Präsenzunterricht geben. Was muss dann jeden Tag in den Schulen passieren? Stichworte: Maskenpflicht, Testpflicht, und so weiter: Wie sind da im Moment die Voraussetzungen und sind die auch umsetzbar?
Andrea Dittmar: Dass die Maskenpflicht beibehalten wird, ist in meinen Augen ein sehr wirksames Mittel. Sicherlich ist es schwierig für die Kinder, tagsüber auch im Unterricht, das wird dann auch irgendwann anstrengend. Aber es ist einfach ein Mittel, das das Infektionsrisiko enorm senkt. Testen - auch für den Fall, dass ein Kind infiziert ist: Das kann man dann einfach sehr schnell identifizieren und dann die entsprechenden Maßnahmen einleiten. Und ich denke, dass das etwas ist, was man einfach weiterführen muss, um die Schulen offen zu halten.
SWR Aktuell: Sie vertreten ja in ihrem Amt als Gesamt-Elternbeiratsvorsitzende alle Eltern. Sind sich die Eltern eigentlich einig bei all diesen Fragen? Wie nehmen Sie da die Stimmung war?
Andrea Dittmar: Die Eltern sind sich nie einig. Das war vorher schon so und das ist auch jetzt so. In meinen Augen ist es aber schon so, dass der Großteil der Elternschaft sehr froh ist, wenn am Präsenzunterricht festgehalten wird und die Kinder weiterhin normal in die Schule gehen.