Nach einem Polizeieinsatz mit Todesfolge am Mannheimer Marktplatz hat die Polizei Ermittlungen gegen Kommentare in einigen sozialen Netzwerken eingeleitet. Ein Sprecher der Polizei Mannheim sagte, dass von gut 8.000 in Mannheim notierten Beiträgen einige auch strafrechtlich relevant seien, etwa 150 sollen zur Anzeige gebracht werden. Gründe hierfür seien Hass, Hetze und Beleidigungen gegen die Einsatzkräfte der Polizei. Auch beim Landeskriminalamt (LKA) werte man mehrere Beiträge aus. Laut eines Sprechers der Deutschen Presse-Agentur, handelt es sich um 3.500 Äußerungen.
Polizisten werden massiv diskreditiert
Die schlimmsten Beleidigungen, so der Polizeisprecher, seien unter anderem das Aussetzen eines Kopfgeldes oder die Aufforderung, sie auf dem Marktplatz "zu steinigen". Die beiden beteiligten Polizisten fühlten sich bedroht und würden zur Sicherheit viel zu Hause bleiben. Ansonsten fahre immer wieder eine Streife an den Wohnungen der beiden vorbei. Aktuell werde weiter gegen die beiden am Einsatz beteiligten Beamten wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt mit Todesfolge ermittelt.
Polizei: Beobachtung der sozialen Netzwerke wichtig
In den sozialen Netzwerken kursierte kurze Zeit nach dem Einsatz am Mannheimer Marktplatz eine Falschmeldung zur Herkunft des verstorbenen Mannes. Die Polizei reagierte darauf und teilte mit, dass der 47-Jährige nicht türkischer, sondern kroatischer Abstammung war. Damit seien vor allem türkische Bürgerinnen und Bürger beruhigt worden, die den Fall für einen Beweis der von ihnen empfundenen Diskriminierung gehalten hätten, heißt es in der Meldung der Deutschen Presse-Agentur. Bislang ist jedoch nicht bekannt, ob die Beamten rassistisch gehandelt haben.
Kommunikationsexperte: Ursachen für Aggressivität im Netz
Für die Aggressivität in den sozialen Medien sieht Kommunikationsexperte Stefan Jarolimek von der Hochschule für Polizei in Münster vor allem zwei Gründe: Der Unmut gegen den Staat und die Corona-Einschränkungen führten zu mehr Kritik an der Polizei. Auch die Vorfälle in den USA beim Tod des Afroamerikaners George Floyd hätten die Polizei hier in Misskredit gebracht, obwohl Struktur und Ausbildung der Polizei nicht vergleichbar seien.
Beteiligte Beamte äußern sich bislang nicht
Die beiden am Einsatz beteiligten Beamten wurden kurze Zeit nach dem Vorfall vom Dienst suspendiert; sie sollen sich bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert haben, teilte das LKA mit. Inzwischen seien mehr als 30 von 40 Zeugen vernommen worden. Die Ermittler hätten 70 Videos gesichtet, auf denen zu sehen sein soll, wie ein Beamter einen am Boden liegenden Mann schlägt. Die beiden Polizisten waren bei dem Einsatz mit sogenannten Bodycams ausgerüstet, diese waren aber nicht eingeschaltet und hatten den Vorfall nicht aufgezeichnet.