An der Leiche eines nach einer Polizeikontrolle in Mannheim gestorbenen Mannes sind nach Angaben des baden-württembergischen Landeskriminalamtes (LKA) Spuren "stumpfer Gewalt" festgestellt worden. Diese seien aber "von geringer Intensität gewesen", sagte LKA-Präsident Andreas Stenger am Mittwoch. Brüche oder Beschädigungen des Gehirns konnten demnach nicht festgestellt werden.
Landeskriminalamt muss Tatgeschehen "sekundengenau nachvollziehbar machen"
Die genaue Todesursache des Mannes sei weiterhin unklar. Der Mann habe auch eine Herzinsuffizienz, also eine Herzschwäche, gehabt. Der abschließende Obduktionsbericht werde erst in sechs bis acht Wochen vorliegen, so Stenger weiter. Am Donnerstag teilte das LKA mit, man rechne nicht allzu bald mit neuen wegweisenden Erkenntnissen in diesem Fall. "Wir müssen uns Zeit nehmen, das zu rekonstruieren", sagte ein Sprecher, "wir müssen sekundengenau das Tatgeschehen nachvollziehbar machen."
LKA-Chef: Nicht von einzelnen Videosequenzen täuschen lassen
Nach Angaben von LKA und Staatsanwaltschaft Mannheim hatte zunächst ein Arzt des Zentralinstituts für seelische Gesundheit Mannheim die Polizei über den 47-jährigen - einen Patienten - informiert, der hilfsbedürftig sei. Die beiden Beamten und der Arzt hätten den Mann gesucht und in der Innenstadt entdeckt. "Er hat sicherlich den Anweisungen der Beamten, stehenzubleiben, nicht Folge geleistet", sagte LKA-Chef Stenger. Man sehe zudem auf Videos, dass er sich widersetzt habe, "dass da Bewegungen sind, dass da ein Schlagen ist". Man dürfe sich aber nicht von einzelnen Videosequenzen täuschen lassen, sagte er weiter.
Auch Thomas Mohr, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei in der Bezirksgruppe Mannheim sagt, dass das Video nur einen Teilausschnitt des Vorfalls zeige. Im Interview mit SWR-Moderator Georg Bruder spricht er darüber, was Polizistinnen und Polizisten in der Ausbildung lernen, um auf bestimmte Situationen zu reagieren.
Bodycams zum Tatzeitpunkt deaktiviert
Die Ermittler sind nun dabei, Zeugenaussagen und Videomaterial zur Tat zu untersuchen. Rund 30 Zeugen haben sich bereits gemeldet und werden nun von der Polizei vernommen. Auch die Überwachungskameras von Betrieben in der Nähe des Tatorts werden überprüft. Die Bodycams, die von den Beamten getragen wurden, waren zum fraglichen Zeitpunkt nicht aktiviert und können somit nicht zur Aufklärung des Todesfalls beitragen. Die Benutzung der am Körper getragenen Kameras muss vorher angekündigt werden. Laut LKA-Chef Stenger war die Benutzung der Bodycams im Falle der beiden Beamten aber "Dienstvorschrift". Warum die Beamten sie nicht eingeschaltet hätten, sei noch unklar.
Gegen Polizisten wird ermittelt
Der 47-jährige Mann war am vergangenen Montag nach dem Zusammenbruch zunächst wiederbelebt worden, später aber im Krankenhaus gestorben. Zuvor soll er sich nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft gegen eine Kontrolle der Polizei gewehrt haben. Gegen die beiden beteiligten Polizisten wird inzwischen wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt mit Todesfolge ermittelt. Sie sind nach Angaben des Mannheimer Polizeipräsidenten Siegfried Kollmar vom Dienst suspendiert.
Die Beamten seien schon länger in ihrem Beruf aktiv gewesen. "Das sind Kollegen, die haben schon das eine oder andere Dienstjahr auf dem Buckel", sagte LKA-Chef Stenger. Die Beamten haben sich aber nach Angaben der Staatsanwaltschaft noch nicht zum Ablauf geäußert. Sie seien seines Wissens bislang auch nicht auffällig geworden, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Mannheim, Romeo Schüssler.

Polizei sieht sich heftiger Kritik ausgesetzt
Seit dem Tod des Mannes sieht sich die Polizei heftiger Kritik ausgesetzt. Im Internet kursiert ein Video, auf denen Schläge eines Polizisten gegen den Kopf eines auf dem Boden liegenden Mannes zu sehen sind. Dieses Video ist nach LKA-Angaben von Donnerstag tatsächlich "eine Teilsequenz des fraglichen Polizeieinsatzes am Mannheimer Marktplatz" am Montag. Wegen scharfer Kommentierungen in den sozialen Medien wurden nach Polizeiangaben aber auch 150 Verfahren eingeleitet. Mitunter wurden Polizeibeamte auch vor Ort beschimpft und beleidigt. Auf sozialen Medien gab es Morddrohungen gegen Polizistinnen und Polizisten.
Vorfall wird Polizei Mannheim "viel Vertrauen kosten"
Der Fall wird die Polizei aus Sicht des Mannheimer Polizeipräsidenten Kollmar die Stadt viel Vertrauen kosten. "Wir werden einige Wochen und Monate brauchen, bis wir Vertrauen zurückgewonnen haben", sagte Kollmar am Mittwoch in Mannheim. "Unsere Bemühungen haben einen Knacks bekommen", so der Polizeipräsident.